SWR3 Gedanken

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04DEZ2021
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Im dritten Jahrhundert nach Christus herrschen andere Sitten. Besonders für Frauen. Eine davon ist Barbara. Tochter eines reichen Kaufmanns, der genau weiß, was gut für sie ist. Reich heiraten, Söhne gebären, den Mund halten. Wie sich das eben schickt. Aber Barbara schickt sich nicht.

Sie ist eine junge Frau, die selbst entscheiden will, was sie denkt und glaubt. Der christliche Glaube hat es ihr angetan. Hinter dem Rücken ihres Vaters lässt sie sich taufen. Und macht damit seinen Plänen einen fetten Strich durch die Rechnung. Und ihrem Namen alle Ehre.

Denn der Name „Barbara“ bedeutet so viel wie „die Fremde, die Andere“. Und genau das ist sie. Fremd und anders in einer Zeit, in der Frauen tun, was Männer sagen. Dafür zahlt sie einen hohen Preis. Ihr eigener Vater liefert sie an den Henker aus. Weil er nicht ertragen kann, dass seine Tochter derart aus der gesellschaftlichen Reihe tanzt.

Auf dem Weg ins Gefängnis verfängt sich ein Zweig in ihrem Kleid. Sie stellt ihn in ihr Trinkgefäß. Am Tag ihrer Hinrichtung blüht der Zweig. Und begründet damit bis heute einen Brauch am heutigen Barbaratag. Einen Zweig in ein Wasserglas stellen, der bis Weihnachten Blüten treibt. Zur Erinnerung an Barbara. Die Fremde, die Andere. Die so mutig ihren Weg gegangen ist.

Deswegen stelle ich heute einen Zweig ins Wasser. Und freue mich auf Blüten, die mitten im Winter zu stillen Zeichen werden. Für die zärtliche Widerspenstigkeit Gottes, die alle Normen und Konventionen sprengt. Für blühendes Leben gerade dann, wenn es in Seelen bitterkalt ist. Für Mut, meinen eigenen Weg zu gehen und der Mensch zu sein, der ich sein will.

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