SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

15NOV2021
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In zwei Wochen haben wir schon Advent. Eigentlich habe ich mich immer sehr auf diese Zeit gefreut. Weihnachtsmärkte, Plätzchen backen, Glühwein und die vielen schönen Lieder.

Aber irgendwie ist mir in diesem Jahr nicht so richtig danach. Eigentlich mache ich mir eher Sorgen. Weil schon wieder niemand so richtig weiß, wie sich diese Pandemie entwickelt. Und, weil ich mir mittlerweile echt Sorgen mache, wie wir miteinander umgehen. Und das meine ich nicht nur mit Blick auf die Pandemie. Da schimpfen die einen auf die anderen und umgedreht. Da wirft man sich irgendwelche Sachen an den Kopf. Und schimpft vor allem über die da oben, die doch eh keinen Plan haben, wie es uns hier unten geht.

Wie gehen wir miteinander um? Gerade im Advent finde ich diese Frage wichtig. Denn im Advent warten wir darauf, dass Gott selbst zu uns kommt. Gott wollte es ganz genau wissen, wie es ist als Mensch zu leben. Deshalb ist er Mensch geworden. Deshalb wurde Jesus in diesem kleinen Stall in Bethlehem geboren, weil er ganz Mensch sein wollte. Und einfach wissen wollte: Wie gehen die Menschen miteinander um? Wie gehen sie mit denen um, die viel haben? Und mit denen, die nichts haben?

Genau deshalb dieser Stall. Er wollte ganz unten anfangen. Auch später, als er erwachsen war, war ihm das wichtig. Er hat keine Unterschiede gemacht. Er hat mit Leuten gegessen, mit denen sonst niemand gegessen hat. Er hat kranke Menschen besucht, die man gar nicht in der Stadt haben wollte. Er hat Bettlern geholfen und Krankheiten geheilt. Dabei hat er immer wieder betont: Es ist nicht wichtig was jemand hat oder kann. Sondern es ist wichtig, wie jemand mit seinen Mitmenschen umgeht. Wie ich mit meinen Mitmenschen umgehe. „[…] Christ ist erschienen, uns zu versühnen […]“ , so heißt eine Zeile in einem meiner Lieblingsweihnachtslieder. Versühnen ist ein altes Wort für versöhnen. Und ich glaube, das ist es gerade, was wir in unserer Gesellschaft ganz dringend brauchen. Weil ich im Moment an so vielen Stellen genau das Gegenteil erlebe

Deshalb glaube ich, dass ich nur bei mir in meinem kleinen Umfeld anfangen kann. Mich immer wieder fragen kann, wie gehe ich mit den Leuten um, denen ich begegne. Wird bei mir was davon spürbar, warum es den Advent gibt? Und Weihnachten?

Das jedenfalls möchte ich in den Advent mitnehmen dieses Jahr. Dass es darum geht, wie wir miteinander umgehen – egal, was uns dieses Jahr noch bringt. Und dass niemand geholfen ist, wenn wir die Pandemie in den Griff bekommen – aber dabei unser Miteinander verlieren.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34272
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