Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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26NOV2021
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Wir Juden sind seit den biblischen Zeiten zur Gastfreundschaft und Bewirtung von Gästen verpflichtet, auf Grund des Vorbildes unseres Erzvaters Abraham. Doch wir gelten auch als Künstler der einfachen, aber erfinderischen Küche.

Folgende Anekdote aus der Welt der Chassidim könnte dies unterstreichen: Ein Rabbi kam zu seinem langjährigen Amtsbruder zu Besuch. Jener bat sofort seine Frau dem verehrten Gast eine besondere Mahlzeit zuzubereiten. Die Frau war verzweifelt, da sie im Elend lebten und es im Haus nichts gab außer ein wenig Mehl. Letztendlich konnte sie aber aus dem Mehl und Wasser doch noch etwas Essbares zubereiten und stellte die Speise auf den Tisch. Heimgekehrt berichtete der Gast seiner Frau über die „himmlische Mahlzeit“, die ihm dort serviert wurde. Die Gattin war neugierig zu erfahren, was ihrem Mann aufgetischt worden war. Auf ihre Anfrage gab die Gastgeberin beschämt zu, dass sie nichts im Hause hatte außer Mehl und Wasser. Jedoch, während der Zubereitung hatte sie inbrünstig gebetet: „Herr der Welt, Du weißt, dass ich die besten und aufwendigsten Speisen für unseren Gast kochen würde, damit ich dem Gebot der Bewirtung von Gästen entspreche. Du weißt auch, dass wir nichts im Haus haben. Du aber Herr, G-tt, vermagst alles. Ermögliche doch, dass die Speise, die ich nun koche einen himmlischen Geschmack gewinne, damit der Gast sie geschmackvoll finde und sich an ihr sättige“. „Es scheint“, fügte die Frau dankbar hinzu, „dass der Herr mein Gebet erhört hatte“.

In den heutzutage oft bewunderten Kochsendungen sehen die Zuschauer die köstlichsten Zutaten und das in Hülle und Fülle. Vielleicht seufzen doch mehr Menschen als wir denken und stoßen aus vollem Herzen ein Bittgebet aus, dass es auch ihnen vergönnt werden möge die erblickten Leckerbissen auf ihrem eigenen Tisch zu sehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34165
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