SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

24OKT2021
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Lied: Ubi caritas  einstimmig

 

Eine Mutter stillt ihr Kind und spürt, wie es satt und wohlig in ihrem Arm liegt. Eine Logopädin hilft mit großer Geduld dem Schlaganfallpatienten, wieder sprechen zu lernen. Ein Paar genießt lustvoll seine Liebe. In solchen Momenten wachsen wir Menschen über unser kleines Ich hinaus und ahnen etwas Größeres. Wir spüren dann eine tiefe Verbindung mit allem, was ist. In solchen Momenten ist Gott ganz nah.

Die Liebe ist wie eine Himmelsleiter, die direkt zu Gott führt.

Ubi caritas et amor, deus ibi est.

Ich finde es spannend, dass Caritas und Amor genannt sind. Also zwei verschiedene Weisen der Liebe.

Caritas – darin steckt die Bereitschaft, aus weitem Herzen Liebe zu schenken, ohne etwas zu erwarten, großzügig und geduldig. Caritas ist ganz auf den andern ausgerichtet. Sie möchte, dass es ihm gut geht und dass er glücklich ist. Und wenn jemand in Not ist, ist sie bereit alles einzusetzen, damit die Not überwunden wird. Diese Liebe ist mehr als nur Gefühl. Sie sieht nicht nur, was ist, sondern was möglich wäre. Und so kann sie es sogar aushalten, wenn der andere wenig anziehend oder sogar abweisend ist. Denn sie gibt die Hoffnung nicht so schnell auf, dass sich alles zum Guten wenden kann.  

Amor dagegen ist Leidenschaft, Begehren. Große Gefühle. Sich zu jemandem hingezogen fühlen und sich ihm hingeben. Diese Liebe kann total beglücken, wenn der andere sie erwidert. Sie lässt uns singen und tanzen, Gedichte schreiben und wenn es sein muss, den Mond vom Himmel holen.                Amor und Caritas brauchen einander.

Dass wir Liebe erfahren und Liebe schenken können, ist eine großartige Fähigkeit. Und doch reicht sie nicht aus. Die Sehnsucht nach Liebe ist größer als das, was wir zu geben haben. Unsere Liebe ist verletzlich. Sie kann verraten, missbraucht und zerstört werden. Wie oft bleibt der Hunger nach Liebe ungestillt.

Lied: Ubi caritas zweistimmig

In der Melodie ist nun eine zweite Stimme hinzugekommen. In die menschliche Liebe mischt sich die göttliche Liebe. Gott ist Liebe im umfassenden Sinn - Caritas et Amor – als leidenschaftlich Liebender sucht Gott den Weg zu uns Menschen. Jesus hat das erfahren. Er war durch und durch von Gottes Liebe erfüllt und konnte gar nicht anders, als diese Liebe weiterzugeben. Er hat ja den Hunger seiner Mitmenschen nach Liebe gespürt.

Und in der Begegnung mit Jesus haben sie eine Liebe erfahren, die sie vorher nicht kannten. Eine Liebe, die nicht nur das Schöne und das Helle sucht, sondern auch das Dunkle und das Böse aushält. So konnten sie Gott spüren. In Jesus kam die menschliche und die göttliche Seite der Liebe zum Klingen. Wie in unserem zweistimmigen Lied.

Doch damit ist die Sache mit der Liebe noch nicht zu Ende. Wer in Kontakt gekommen ist mit der göttlichen Liebe, der findet neue Wege und Weisen, diese Liebe weiterzugeben. Er erfindet neue Stimmen, Ober- und Untertöne. Was menschlich und was göttlich ist, ist gar nicht mehr zu unterscheiden. Denn die Liebe ist die Himmelsleiter zwischen Gott und Mensch und zwischen den Menschen.

Lied: Ubi caritas  dreistimmig

Liedsatz: Carl-Bertil Agnestig

Aufnahme: Jugendchor St. Peter und Paul, Gerlingen, Leitung: Cornelia Carle

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