Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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28OKT2021
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Ich frage mich, ob das Leben in unserer Gesellschaft nicht allmählich zu kompliziert wird. Schon die ganze Woche frage ich danach, und ich mache da so meine Beobachtungen.

Bei mir selbst, zum Beispiel: Ich bin vor kurzem vom Land in die Stadt gezogen und muss zugeben: Der vielfältige bunte Trubel ist mir manchmal zu viel. In ein neues Berufsfeld arbeite ich mich auch gerade ein. Das ist interessant aber auch anstrengend. Aber ich weiß genau: gegen die Berufseinsteiger von heute ist das noch gar nichts! Von wegen: einmal einen Beruf wählen und das war’s dann. In einer oder zwei Firmen alt werden und in Rente gehen - das gibt es kaum noch.

Privat setzt sich das fort. Single-Dasein oder Heiraten? Ehe ohne Trauschein, offene Beziehung… die Möglichkeiten sind so vielfältig. Und noch dazu kommt, dass jeder und jede erst einmal herausfinden muss, wer er eigentlich ist, welche Orientierung wirklich in einem steckt.

Lauter wichtige Fragen - und es ist ein Segen, dass wir in einer Zeit angekommen sind, wo wir sie alle stellen dürfen. Es sind aber auch verdammt viele Fragen - es bräuchte Zeit und Ruhe, um sich richtig um sie zu kümmern.

Haben wir diese Zeit? Denn da ist ja noch mehr: Die großen Fragen unserer Zeit, vom Klimawandel bis zur Diversität. Das alles geht die Gesellschaft an, alle sollten sich beteiligen. So viele Fragen, so viele Entscheidungen - und der Tag hat nur 24 Stunden.

Ich frage diese Woche, ob das Leben in unserer Gesellschaft nicht allmählich zu kompliziert wird. Und ob das nicht Konsequenzen hat. Denn ich fürchte, Überforderung macht aggressiv. Vielleicht ist das ein Grund, warum der Ton bei uns in den letzten Monaten so rau geworden ist. Ständig neue Herausforderungen, neue Lebenssituationen setzten unter Druck. Ist es da ein Wunder, wenn sich der Druck irgendwann entlädt und manche explodieren?

„Macht euch keine Sorgen über das, was Morgen sein könnte. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigenen Sorgen und Fragen hat.“ Das ist ein Satz aus der Bibel und er stammt von Jesus von Nazareth. Ich nehme diesen Satz als Anstoß um mir klar zu machen, dass nicht so viel auf einmal geht. Jeder Tag hat 24 Stunden. Ich muss mir die Zeit nehmen um zu entscheiden, was Vorrang hat und was nicht. Das Leben ist kompliziert. Es bleiben viele Entscheidungen zu treffen. Aber der Reihe nach und ohne Überforderung. So kommt man langsamer voran - aber hoffentlich auch besser.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34143
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