SWR2 Wort zum Tag

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„Wir haben darum noch immer keinen Frieden, weil zu wenig Versöhnung ist.“
Der Satz könnte ganz aktuell gesagt sein. ZB. auf den Irak bezogen, darauf, was die vergangenen 5 Jahre westlichen Eingreifens dort bewirkt haben, bzw. nicht bewirkt haben.
Oder auf Israel und Palästina könnte er bezogen sein. Oder auf viele Länder in Afrika.
„Wir haben darum noch immer keinen Frieden, weil zu wenig Versöhnung ist.“

Aber der Satz ist schon 50 Jahre alt. Gesagt hat ihn der evangelische Pfarrer Lothar Kreyssig. 1958 vor der Synode der evangelischen Kirche in Deutschland. Kreyssig hat damals die evangelische Kirche aufgerufen, aktiv für Versöhnung zu arbeiten. Was 1958- also 13 Jahre
nach Ende des 2. Weltkriegs politisch getan wurde, das schien ihm nicht genug für wirklichen Frieden: Die Integration Deutschlands in die Nato, die deutsche Wiederbewaffnung. Kreyssig meinte: Wo tiefe Feindschaft ist, wo Menschen einander vernichtet haben, da kann Frieden
nur dann gelingen, wenn ganz praktische Versöhnungsarbeit geleistet wird, von Mensch zu Mensch. Nur so kann man die Welt wieder reparieren.
Und tatsächlich, Kreyssigs Aufruf hat Gehör gefunden. Die Evangelische Kirche hat die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste gegründet. Seit 1958 haben unzählige junge Freiwillige in vielen Ländern gearbeitet, ganz so wie Lothar Kreyssig das gesagt hat:
„Wir können..dem Hass eine Kraft entgegensetzen, wenn wir selbst wirklich vergeben, Vergebung erbitten und diese Gesinnung praktizieren. Zum Zeichen dafür bitten wir die Völker, die Gewalt von uns erlitten haben, dass sie uns erlauben, mit unseren Händen und mit unseren Mitteln in ihrem Land etwas Gutes zu tun; ein Dorf, eine Siedlung, eine Kirche, ein Krankenhaus als Versöhnungszeichen zu errichten. Lasst uns mit Polen, Russland und Israel beginnen, denen haben wir am meisten weh getan.“
Wo tiefe Feindschaft war, da muss Versöhnung gelingen, damit Friede werden kann. Ich finde diese alte Einsicht sehr einleuchtend und aktuell-für den Irak, für viele Länder in Afrika.
Aber gleichzeitig ist es fast zum Verzweifeln, dass diese Einsicht immer wieder vergessen wird. Eigentlich könnten wir wissen, dass zum Frieden Versöhnung nötig ist. Man müsste sich nur an die Erfahrungen und Einsichten der Vorläufer erinnern.
Aber anscheinend reicht Erinnerung nicht.
Friede ist kein Selbstläufer. Im Gegenteil. Friede braucht immer neue Anläufe.
Versöhnung – praktisch und in den Köpfen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=3381
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