Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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28AUG2021
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Mist, wieder ein Knöllchen. Normalerweise stecken die ja hinter dem Scheibenwischer an der Windschutzscheibe. In diesem Fall war es um den Fahrradlenker gewickelt.

Christoph Kleeberg aus der Gegend von Mannheim ist ein überzeugter Fahrradfahrer. Mal bringt er die Tochter im Kinderanhänger zum Kindergarten, oder er schleppt  mit dem Lastenanhänger Möbel. Dann hat er irgendwann seinen Lastenanhänger für den Sommer mit Blumen bepflanzt. Wo er das Rad abstellt, freuen sich die Bienen über den unerwarteten kleinen Garten in der Stadt.

Das Knöllchen hatte er bekommen, weil er mit Rad und Anhänger den Autos den Parkplatz wegnimmt.

Manchmal denke ich, wir Deutschen identifizieren uns komplett mit unseren Autos. Wir sagen zum Beispiel: „Ich stehe auf dem oberen Parkdeck“. Nein, stimmt nicht, das Auto steht da. Oder: „Ich brauche neue Winterreifen“. Nee, das Auto braucht die. Ich vielleicht eher neue Schuhe. Mein Auto, das ist für viele Menschen ein Stück ihrer Persönlichkeit. Es gibt genug Witze darüber, wie zärtlich manche Männer ihr Auto polieren, statt sich Frau und Kindern zuzuwenden.

Deshalb gibt es auch so viele, auch Frauen natürlich, die gegen Tempolimits protestieren.

Oder die sich  „Freie Fahrt für freie Bürger“ auf die Fahne geschrieben haben.

Ob Fahrradfahrerinnen  und Fußgänger mit Kinderwagen oder Rollator genug Platz in den Städten haben, ist ihnen möglicherweise egal.

Natürlich habe ich auch ein Auto, auf dem Land braucht man das, und natürlich nehme ich auch Parkplätze weg. Aber seit ich gesehen habe, wie schlecht man mit Kinderwagen oder Rollator an meinem Auto vorbei kommt, wenn ich mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig stehe, parke ich auf der Straße. Bei uns bekommt man auch ein Knöllchen, wenn man auf dem Bordstein steht.

Der Mann mit dem fahrbaren Blumengarten hat etwas Wichtiges in Erinnerung gerufen: ohne Autos könnte die Menschheit schon leben, aber nicht ohne die Natur. Deshalb ist es richtig der Natur nicht zu schaden, sie zu schützen und sie hochzuschätzen, und sei es in Gestalt eines kleinen Gartens auf einem Fahrradanhänger.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33741
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