Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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29JUL2021
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Heute ist der kirchliche Gedenktag von Martha. Kennen Sie nicht? Sie ist die Aktivere von zwei Schwestern, von der die Bibel erzählt (Lk 10, 38-42). Sehr unterschiedliche Schwestern: Martha hat immer etwas zu tun. Sie schmeißt den Haushalt, bewirtet die Gäste und kümmert sich wahrscheinlich um alles. Ob sie arbeitssüchtig ist – ich weiß es nicht. Die biblische Martha ist die Tatkräftigere – Ihre Schwester Maria dagegen ist ganz anders, eher nachdenklich und besonnen. Sie nimmt sich Zeit zuzuhören. Als der berühmte Rabbi aus Nazareth die beiden einmal besucht, da weiß sie nichts Besseres zu tun als sich wie eine Thoraschülerin zu Füßen des Lehrers niederzulassen. Das ist zu ihrer Zeit für Frauen gar nicht vorgesehen.

Die geschäftige Martha aber bringt das in Rage: Sie protestiert, sie beschwert sich bei ihrem Gast, sie verlangt, dass auch ihre Schwester gefälligst mal mit anfasst, um ihn zu bewirten. Doch Rabbi Jesus reagiert ganz anders, als sie erwartet hat. Martha geht in ihrer Hausfrauenrolle auf, ihre eigenen Bedürfnisse stellt sie oft zurück. Maria dagegen will die Chance nutzen, um dazuzulernen, um Gott und die Welt besser zu verstehen. Jesus meint, Maria habe das Bessere erwählt. Damit fällt sie als damalige Frau aus der Rolle, doch das gefällt offenbar dem besonderen Gast.

In Maria und Martha begegnen uns zwei Seelen, die vielleicht in so mancher Brust wohnen: von Frauen wie von Männern. Arbeit und Muße: beides ist wichtig - aber alles zu seiner Zeit! Nur: dass der Arbeitssüchtige sich gerade nicht mehr die Zeit zum Ruhen, Rasten und Bedenken nimmt - vielleicht weil er es gar nicht mehr kann. Er sieht die Stoppschilder und Rastplätze am Straßenrand nicht, sondern rast vorbei, bis er aus der Kurve getragen wird oder erschöpft am Weg liegenbleibt. Maria dagegen weiß, was an der Zeit ist: Zuhören, sich ansprechen lassen, in Beziehung treten.

Entschleunigung heißt, sich Zeit nehmen für wichtige Dinge, die sonst leicht in der Geschäftigkeit des Alltags untergehen. Ruhe zum Beispiel, und sich Zeit für die Begegnung mit anderen Menschen nehmen. Heute ist auch der erste Tag der Sommerferien in Baden-Württemberg. Vielleicht eine Chance mal runter zu schalten, - so erwählen auch wir von Zeit zu Zeit einen „besseren Teil“. In diesem Sinne: Achten Sie auf sich und auf das, was für Sie gerade an der Zeit ist, an Tun oder auch an Gelassenheit, damit der heutige Tag und hoffentlich auch die ganze Ferienzeit für Sie gut wird.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33607
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