Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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25JUN2021
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Für die langen, sommerlichen Nachmittage des Schabbattages hält unsere Tradition eine besondere Lektüre aus der nachbiblischen, talmudischen Literatur parat. Es sind die Pirkei Awot, die Weisheiten der früheren Gelehrten.  

Eine häufig verwendete Form unserer traditionellen Literatur ist, besonders wenn es darum geht sich die ethischen Lehren unserer Meister einzuprägen, eine Zahl zu verwenden und einzelne Lehrsätze daran zu knüpfen. Im Talmudischen Traktat Awot lernen wir: „Viererlei Gesinnungen gibt es unter den Menschen: die gewöhnliche Gesinnung: Das Meine ist mein, und das Deine ist dein.“ Die gewöhnliche Gesinnung wurde so bezeichnet, weil sie häufig anzutreffen ist. Menschen mit einer solchen Gesinnung wollen mit ihrer Einstellung auch betonen, dass sie sich um andere nicht kümmern. 

„Die Gesinnung eines Menschen aus dem einfachen Volk: Das Meine ist dein, und das Deine ist mein.“ Diese Gesinnung steht für eine Unbekümmertheit. Sie wird von den Gelehrten nicht verurteilt, aber auch nicht gelobt.

„Die Gesinnung eines Gerechten: Das Meine ist dein, und das Deine ist ebenfalls dein.“ Dies ist der lobenswerte, aber selten erreichte Standpunkt des Zaddiks, des Frommen, der bereit ist auf alles was er besitzt, zu Gunsten seiner Mitmenschen zu verzichten.

„Und die Gesinnung eines Gottlosen: - Das Meine ist mein, und das Deine ist auch mein.“ (Awot 5:12) Das ist der rücksichtslose, herrschsüchtige und gierige Typ eines Menschen. Für die Gelehrten des Altertums war dieser deshalb als Gottloser zu bezeichnen, weil er durch seine Einstellung, die g-ttliche Offenbarung, die den Mitmenschen natürliche Rechte auf ihr Hab’ und Gut gewährt, nicht anerkennen kann und will.

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