Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

25JUN2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Vor einigen Wochen habe ich zum ersten Mal eine Erwachsene getauft. Das war sehr besonders – auch für mich als Pfarrerin. Meistens taufe ich ja Babys oder Kinder. Das ist auch schön, denn es zeigt: Egal wie klein du bist, von Anfang an ist Gott bei dir. Dafür musst du noch gar nichts wissen oder können.

Die Frau, die ich neulich getauft habe, ist längst groß und sie weiß und kann natürlich ganz viel. Sie hat Kinder großgezogen, einen Beruf erlernt. Sie steht mit beiden Beinen fest im Leben.

Allerdings: Das war nicht immer so. Hinter ihr liegt eine schwere Zeit mit einigen Umbrüchen und Krisen. Sie musste sich da richtig durchkämpfen. Das hat Kraft gekostet und manchmal weh getan. Aber nun ist sie auf einem guten Weg und sagt: „Ich bin dadurch auch stärker geworden. Ich habe gelernt, manches loszulassen. Und jetzt will ich einen Neuanfang.“ Für diesen Neuanfang wollte sie getauft werden.

Ich finde: Das passt richtig gut. Denn bei der Taufe werden ja gewissermaßen Altlasten abgewaschen. Früher sind Täuflinge dafür sogar richtig untergetaucht worden. Heute wird in unseren Kirchen meistens nur symbolisch Wasser über die Stirn gegossen. Aber das Gefühl bleibt das gleiche: Was an mir klebt und schwer auf meiner Seele lastet, wird abgewaschen. Ich kann es loslassen und erleichtert nach vorne schauen. Denn egal was kommt: Gott ist bei mir und nichts kann daran etwas ändern.  

Mit diesem Gefühl startet die frisch getaufte Frau nun auf einer neuen Arbeitsstelle. Sie blickt hoffnungsvoll in ihre Zukunft, sagt sie.
Aber wenn es doch mal wieder schwierig wird im Leben, erinnert sie sich hoffentlich an ihre Taufe und an das damit verbundene Versprechen.

Ich finde nämlich: So eine Tauferinnerung tröstet und macht Mut. Selbst wenn jemand – wie ich – als Baby getauft wurde und sich deshalb an den Gottesdienst und das Wasser auf der Stirn nicht erinnern kann. Mir reicht es da schon zu wissen: Ich bin getauft. Denn das bedeutet: Was hinter mir liegt ist abgewaschen. Ich kann es abgeben an Gott, loslassen, wieder aufstehen und neu anfangen. Jeden Tag! Denn Gott ist bei mir. Von Anfang an. Und ganz egal was kommt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33360
weiterlesen...