Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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03JUN2021
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Wir sitzen beim Frühstück. Mein Sohn sagt: "Hey Siri, mach das Licht in der Küche an!“ Und schon dreht eine unsichtbare Hand am Lichtschalter, und es wird hell im Raum. Ob Siri, Cortana oder Alexa; die digitalen Assistentinnen, reagieren auf Zuruf. Sie werden durch Sprachbefehle aktiviert und rufen Informationen aus der gigantischen Wissenswolke ab, die um uns herum wabert. Ungezählte solcher Sprachbefehle gibt es. Und es werden immer mehr. Und immer mehr Menschen sind fasziniert, was die virtuellen Assistenten alles können.

Vielen erleichtern sie das Leben. Wer sich zum Beispiel nicht gut bewegen kann, freut sich, wenn er durch einen Sprachbefehl den Gang zum Lichtschalter spart.

Aber es gibt auch Stimmen, die warnen. Denn hinter Siri und allen anderen Sprachassistentinnen verbergen sich informationshungrige Unternehmen. "Big Brother“ lässt grüßen.

Und die Maschinen lösen nicht alle Probleme: Ein Problem unserer Zeit ist Einsamkeit. Wenn ich einsam bin, sehne ich mich nicht nur nach einer wohlklingenden Echostimme. Sondern ich brauche echte Personen, jemanden, der wirklich da ist, wo ich lebe. Der nicht nur mechanisch antwortet, sondern auf mich eingeht, mich tröstet und mir hilft. Einen "Big Brother“ oder eine große Schwester, denen es nicht nur um Macht und Profit geht, sondern die liebevoll für mich da sind.

Ich finde so ein lebendiges Gegenüber nicht nur in Menschen, sondern auch in Gott. Von ihm heißt es in einem alten Gebet in der Bibel: "Von allen Seiten umgibst du mich, ich bin ganz in deiner Hand.“ (Ps 139,5) Ja, Gott meint es gut mit mir. Die Hand, die mich hält, ist eine schützende Hand. Mit Gott kann ich reden, wenn es dunkel ist und ich mir mehr Licht in einer Angelegenheit meines Lebens wünsche. Nicht immer bekomme ich auf meine Fragen sofort eine Antwort. Gott ist eben kein digitaler Assistent.

Und dann bin ich froh, dass es in meiner Nähe Menschen gibt, die wie Gott ein liebendes Auge auf mich werfen: den Bruder und die Schwester in meiner Gemeinde und auch meine Familie. In ihrer Aufmerksamkeit und Zuwendung erlebe ich für mich auch immer die Nähe und Liebe Gottes.

Wenn ich darüber nachdenke: Eigentlich ist es mit Gott ja ein bisschen wie mit Siri und Co.. Und doch wieder ganz anders. Während sich die Technik wissenschaftlich erklären und überprüfen lässt, ist es bei Gott und seiner liebenden Nähe anders. Ich kann sie nicht wissenschaftlich beweisen. Sie ist kostenlos. Einfach da. Gott umgibt mich auch unsichtbar, und doch ist er für meinen Verstand nicht begreifbar. Ein wunderbares Wunder.

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