Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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02JUN2021
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Wie hoch ist die Inzidenzzahl? Mit wie vielen Leuten darf ich mich treffen? Diese Zahlen spielen seit der Corona-Pandemie eine große Rolle. Und auch sonst arbeiten wir mit Zahlen. So zählen wir die Leute, die unsere Gottesdienste besuchen und machen in jedem Jahr eine neue Statistik. Zahlen sind sehr aussagekräftig, an ihnen kann ich mich scheinbar gut festhalten.

Auch in der Bibel kommen Zahlen vor. Sie öffnen mir manchmal einen anderen Blickwinkel.

So erzählt die Bibel, dass sich einmal fünftausend Leute von Jesus und seinen Worten begeistern lassen. Sie hören ihm einen ganzen Tag lang zu. Für die Jünger ist das lange genug. Doch Jesus will die Menschen nicht ohne Essen nach Hause schicken. Aber nur fünf Brote und zwei Fische sind in der Nähe. Jesus lässt das Wenige, was da ist, unter den Leuten verteilen. Die sitzen in Gruppen zu fünfzig zusammen und werden alle satt. Und am Ende bleiben zwölf Körbe voller Lebensmittel übrig.

Ist das wirklich eine wunderbare Brotvermehrung gewesen? Oder haben die Menschen endlich gelernt, füreinander da zu sein, und haben das bisschen, was sie hatten, miteinander geteilt? Doch wie kommt es dann, dass so viel übrigbleibt, und zwar genau zwölf Körbe? Ich könnte nun wild rechnen und die 5000 Menschen durch die Zahl der Körbe, Fische und Brote teilen. Aber das Ergebnis würde nicht überzeugen. Mich überzeugt an dieser Geschichte:

Ich kann mit Gott rechnen, denn Gott rechnet anders. Ich kann auf Gott vertrauen. Und ich bin froh, dass ich es kann.

Mir ist aber auch bewusst, dass vielen Menschen das Vertrauen auf Gott schwer fällt durch viele Enttäuschungen und Schicksalsschläge, die sie im Leben erlitten haben. Und jedes Mal fällt es schwerer, sich wieder neu zu diesem Vertrauen durchzuringen.

Ich finde, diese Mühe lohnt sich. Denn immer wieder stelle ich fest, dass Gott sich durch viele kleine Dinge zeigt: Es fällt mir eine Lösung für ein Problem ein, die nicht nur gut, sondern perfekt zu sein scheint. Ein überraschender Anruf eines Freundes gibt mir so viel Freude, dass mein Tag heller wird. Ich gebe einer Frau eine kleine Hilfe und ihr Dank macht auch mich froh. Da erfahre ich immer wieder, Gott schenkt uns noch etwas darüber hinaus. Mehr, als ich im Gepäck habe und so viel, dass ich mir nicht erklären kann, woher all dieser Segen gekommen ist. Und ich spüre: Ich muss mich nicht von Zahlen abhängig machen, denn ich kann auf Gott zählen. Wenn wir mit Phantasie und verantwortlich Gemeinschaft leben spüren wir, dass sich auch in den unerwarteten Rechnungen Gott zeigt. Nicht nur in der Kirche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33232
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