Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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29MAI2021
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„Der Mensch denkt - und Gott lenkt.“ Hinter diesem alten Spruch steckt die Vorstellung, dass der Geist Gottes uns Menschen leitet - und das ganz anders, als wir es ursprünglich geplant hatten. In dem Spruch liegt viel Gottvertrauen. Bei mir selber löst er allerdings auch Widerstand aus. Der Mensch denkt und Gott lenkt... Heißt das: Alles was anders läuft als geplant, kommt von Gott? Und ist alles, was unvorhergesehen passiert, automatisch gut? Ich habe da so meine Zweifel. Folgende kleine Geschichte zeigt vielleicht, was mich so skeptisch macht:

Einem Bauern läuft sein einziges Pferd, ein Hengst davon. „Welch ein Unglück!“ bedauern ihn seine Nachbarn. Doch nach ein paar Tagen kommt das Pferd zurück - zusammen mit einer ganzen Herde Stuten. Jetzt sind die Nachbarn begeistert: „Wie glücklich du doch bist!“ sagen sie: „Gott hat alles zum Guten gewendet.“ Als ein paar Tage später der Sohn des Bauern eins der Pferde zureiten möchte, fällt er herunter und bricht sich ein Bein. „Welch ein Unglück!“ heißt es jetzt wieder - allerdings nur so lange, bis ein Bote des Königs übers Land zieht und alle jungen Männer zum Kriegsdienst einzieht. Allein der Sohn des Bauern bleibt verschont - sein Bein ist ja gebrochen…

Die Geschichte könnte wahrscheinlich ewig so weiter gehen. Aus einem Schicksalsschlag wird etwas Gutes. Das verwandelt sich in den nächsten Schicksalsschlag und der wird wieder zum Glücksfall. Und immer so weiter.

Der Mensch denkt und Gott lenkt? Vorsehung? - Oder eben doch nur Zufall… Ich jedenfalls bin sehr vorsichtig damit geworden, von der Fügung Gottes zu sprechen. Besonders, wenn etwas Schlimmes passiert - ein Unfall, wenn jemand krank wird oder den Job verliert. Ich bin dann lieber still anstatt zu mutmaßen, was daraus Gutes werden könnte.

Wenn ein unvorhergesehenes Ereignis die Lebenspläne über den Haufen schmeißt, dann bleibt eigentlich nichts andres übrig als zu sagen: „Es ist, wie es ist“. Wichtig ist nur noch die Frage: „Wie gehe ich damit um?“ Welche Richtung schlagen meine Pläne und meine Gedanken jetzt ein?

Der Spruch hat eben doch seine Berechtigung: Der Mensch denkt, und Gott lenkt - er lenkt meine Pläne und Gedanken in seine Richtung - das hoffe ich! Nichts im Leben ist sicher. Sicher ist nur, dass Gott mich nicht verlässt. Im Chaos ist er der Orientierungspunkt, mein Wegweiser. Gott lenkt mein Leben - immer wieder neu in seine Richtung.

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