Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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20MAI2021
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Wenn meine Mutter früher ein frisches Brot anschnitt, machte sie immer mit dem Messer ein kleines Kreuz auf die Unterseite des Brotes. Möglicherweise dachte sie dabei an ihre Familie und dass das Brot allen gut bekommen sollte. Oder sie dankte, dass genug Brot für alle da war. Jedenfalls segnete sie das Brot und ich hatte nie einen Zweifel daran, dass Gottes Segen auf dem Brot ruhte.

Während des Theologie-Studiums habe ich mich natürlich auch mit dem Segnen befasst. Wir haben eine besondere Art des Segnens „erfunden“, den sogenannten „Münsteraner Taschensegen“. Wenn ich in Münster über den Markt schlenderte, segnete ich fröhlich und freigebig so vor mich hin: ich machte in der Jackentasche ganz unauffällig ein kleines Kreuz mit dem Daumen in der hohlen Hand und schwupps: waren Menschen gesegnet, die es vielleicht nicht merkten. Vielleicht haben sie aber doch etwas gespürt, so hoffte ich, weil ja letzten Endes Gott es ist, der segnet. Diese Gewohnheit habe ich später mitgenommen in mein Heimatbistum Trier. Ganz sicher haben in meinen ersten Berufsjahren in der Kinder- und Jugendarbeit viele junge Leute den Münsteraner Taschensegen empfangen und viele haben ihn weitergegeben. Das Spielerische dabei machte ihnen Freude. Wo jetzt so ernsthaft und kritisch darüber diskutiert wird, wer wen segnen darf und wen nicht, kommt mir das Leichte, Fröhliche dieses Münsteraner Taschensegens wieder in den Sinn.

Eine ganz alltägliche Art des Segnens ist der Gruß Tschüss – oder im schwäbischen Ade. Geht beides zurück auf das französische Adieu, was mit „ Gott befohlen“ übersetzt werden kann: Gott möge seine Hand über dir halten.

Und in der Woche vor Palmsonntag kam der Krankenhausgärtner zu mir und sagte: „Ich bringe Ihnen wieder einen Korb mit Palmzweigen, die stelle ich in die Kapelle. Dann können sich die Leute Palmzweige mitnehmen und sie zuhause ans Kreuz stecken. Das machen ja viele, auch wenn sie nicht dauernd in die Kirche rennen.“

Ich fand das prima, bat ihn aber, ob er die Zweige am Anfang der Woche bringen könnte, damit ich sie vom Pfarrer segnen lassen kann. Nee, sagte der Gärtner, ich segne sie selbst. Ich fand das in Ordnung. Dieser Mann bewegt sich hochachtungsvoll und kenntnisreich in der Natur, er erfreut sich an der Schöpfung Gottes. Das qualifiziert ihn ganz besonders, die Palmzweige zu segnen. Und ich bin zuversichtlich, dass es Gottes Segen ist, der auf diesen Zweigen liegt.

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