SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

09MAI2021
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Eine Melodie, die geradewegs vom Himmel auf die Erde herabfließt. Sie stammt aus dem „Sanctus“ von Beethovens „Missa solemnis“ und bringt etwas zum Klingen, was in meinen Augen den Kern des „Sanctus“ ausmacht. Das „Sanctus“, der feste Bestandteil der katholischen Messe ist heute das Lied zum Sonntag. Bei Beethoven ist besonders schön zu hören, wie die Liebe Gottes quasi aus dem Himmel auf die Erde herabströmt und beides miteinander verbindet. Ich glaube, dass die Liebe Gottes durch Jesus in unserer Welt angekommen ist. Die Menschen werden durch ihn von Krankheiten befreit, er holt die Menschen zu sich, die von der Gesellschaft ausgeschlossen sind und ruft dazu auf, dass einer dem anderen beisteht. Solange, bis einmal die ganze Schöpfung von Gottes Wohlwollen erfüllt ist. Deshalb gehört zum „Sanctus“ – zum „Heilig“ – auch die Feststellung, dass Himmel und Erde erfüllt sind von Gottes Herrlichkeit.

Der Text des „Sanctus“ ist aus Bibelzitaten zusammengesetzt. Ursprünglich haben Juden mit diesen Worten vermutlich schon im 3. oder 4. Jahrhundert ihr Morgengebet gehalten und Gott als Schöpfer der Welt gelobt. Das passt bestens zu dieser Tageszeit. Besonders am Morgen, wenn die Sonne aufgeht und das Licht die Erde erfüllt, ist es, wie wenn die Welt vor meinen Augen neu entsteht. Der kommende Tag liegt noch vor mir. Ich genieße die Morgenstimmung, weil ich sehe, wie schön die Welt ist und schöpfe daraus Kraft für meinen Tag. Da bleibt mir vor Staunen fast die Sprache weg. Beethoven setzt dieses Staunen wunderbar um, wenn er die Sänger nur noch stammeln lässt:

Im „Sanctus“ kommt beides zusammen: Gottes erhabene Größe und seine spürbare Liebe. Es öffnet mir den Himmel, in dem ich die wohlwollende Liebe Gottes weiß, und verbindet mich auf der Erde damit. So dass ich hoffen kann: Bei Gott wird alles gut, wird alles heil. Beethoven öffnet mir die Ohren für diese Dimensionen. Sie sind schon deutlich hörbar in der gregorianischen Fassung des „Sanctus“ aus der „Missa de Angelis“. Die schlichte Melodie zeichnet diese Verbindung von Himmel und Erde nach, wenn sie sich von unten nach oben und von oben nach unten bewegt. Wenn ich diese Melodie höre, deren Töne die Grenzbereiche von oben und unten füllen, frage ich mich, was ich dazu beitrage, dass heute wieder gilt: Erfüllt sind Himmel und Erde von Gottes Herrlichkeit!

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