Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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11MAI2021
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„Junge Mütter flunkern sich ihre Mamawelt oft schön. Das war bei uns so und heute auch.“ Hat mir eine mehrfache Mutter gesagt. Und seit ich da hellhörig bin, höre ich das öfter.

Sätze wie: „In so einer Mamagruppe könnte man meinen: Kleine Kinder zu haben das ist immer nur ‚Friede Freude Eierkuchen‘. Dabei weiß jede und jeder, Kinder können einen an den Rand der Kräfte bringen. Nicht alles easy.“

Wenn ich das zuspitze, heißt das: Junge Mamas oder Eltern üben sozialen Druck aufeinander aus und machen einander eine Fassade vor. Nach dem Motto: Was, dein Kleiner schläft noch nicht durch?

Woher dieser Hang zur Fassade. Könnte man die Schattenseiten des Kinderhabens nicht besser aushalten, wenn man von anderen weiß, denen geht es auch nicht immer gut?

Warum der Druck zur Fassade? Ist es immer noch so? Kinderhaben, Mama und Papa sein, muss das Größte und Schönste sein auf der Welt? Ohne Makel und Schatten.

Bloß, dabei geraten die, die das auch anders erleben, in Stress. Dann kann man nicht mal sagen: „Nein bei uns nicht. Ich bin manchmal am Ende mit den Nerven. Ich liebe mein Kind, aber es kann auch furchtbar anstrengend sein.“ Diese scheinbar „Unperfekten“ fühlen sich dann schnell, als könnten sie es nicht. Und machen sich ein schlechtes Gewissen. Zu Unrecht.

Ich glaube, ehrlich macht man es sich leichter. Dann kann man einander helfen. Wenn man sagen kann, heute gehen wir auf dem Zahnfleisch. Und Kinder zu haben, ist manchmal nicht der reine Hort des Glücks.

Überhaupt: Kinder und Glück. „Die Zeit vor den Kindern, die war als Paar oft unbeschwert glücklich. Wir haben so viel zusammen gemacht,“ hat eine Mama gesagt.

Kinder verändern solche Glücksphasen. Vielleicht muss man das annehmen: Entweder, dass Glück mit Kindern sich anders anfühlt als Paarglück.

Oder vielleicht fängt mit Kindern ja eine Lebensphase an, bei der Glück nicht das Erste ist, sondern Sinn. Wo das Lebensgefühl heißt: Leben ist gut, weil es sinnvoll ist. Kinder können dem Leben einen anderen Grund einziehen. Man ist nicht mehr nur für sich da, sondern für jemand anderes. Vielleicht ist es so, dass das Leben selbst aus einem Kind mich um etwas Grundsätzliches bittet: Sei für mich da, auch wenn es anstrengend ist. Auch wenn es Nerven kostet. Tu es für mich. Für das Leben. Und wenn man es hinkriegt, das Beste zu geben. Ich glaube, das ist Liebe, ganz praktisch. Dann muss man keine Fassade vormachen. Die Kraft spart man besser, um beim Kind zu wachen, wenn es Zahnweh hat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33100
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