SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

06MAI2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Endlich ist es fertig! Ich halte mein druckfrisches Fotobuch in der Hand und bin glücklich. Es fühlt sich toll an. Jedes Jahr gestalte ich ein Fotobuch über das vergangene Jahr. Viele Stunden verbringe ich dafür vor dem Computer. Ich genieße es die Bilder auszusuchen und Millimeter für Millimeter hin und herzuschieben bis sie perfekt sitzen.

Als ich dieses Jahr mit dem Fotobuch für 2020 begonnen habe, dachte ich: es wird bestimmt ein schlankes und dünnes Buch. Viel ist in diesem Jahr ja nicht passiert. Doch jetzt, wo ich es in der Hand halte, sehe ich, wie dick es ist. Es ist am Ende sogar eins von den dicksten Büchern geworden, die ich je gemacht habe. Viele Fotos haben ihren Platz gefunden. Der Sommerurlaub an der Ostsee nimmt viele Seiten ein. Er war besonders – gerade weil ich nicht wusste, ob er stattfinden kann oder nicht. Daneben finden sich viele Alltagsbilder oder Naturaufnahmen auf den Seiten. Im letzten Jahr sind mir besonders alltägliche Kleinigkeiten aufgefallen. Vieles, was ich mit meiner Kamera sonst nicht festgehalten habe. Schätze des Alltags. Und all diese kleinen Bildschätze ergeben jetzt ein großes Ganzes in meinem Fotobuch.

Während ich durch das Fotobuch blättere, erinnere ich mich an alles, was ich erlebt habe. Erst jetzt im Rückblick fällt mir auf, wie voll das letzte Jahr gewesen ist. Erst jetzt erkenne ich das ganze Bild. Und das erinnert mich an einen Vers aus der Bibel.

Ein Mann namens Paulus schreibt dort in einem Brief an die Gemeinde in Korinth: „Denn jetzt sehen wir nur ein rätselhaftes Spiegelbild. Aber dann sehen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich nur Bruchstücke. Aber dann werde ich vollständig erkennen, so wie Gott mich schon jetzt vollständig kennt.“ (1. Kor 13,12)

Diese Worte von Paulus berühren mich. Sie zeigen mir: mit meinem Leben ist es wie mit meinem Fotobuch. Jetzt erkenne ich nur einzelne Bruchstücke. Doch irgendwann sehe ich das gesamte Bild. So wie Gott es erdacht hat. Und dann werde ich verstehen und erkennen, warum was passiert ist oder eben auch nicht.

Erst am Ende meiner Zeit werde ich vollständig erkennen. Ich freue mich auf diesen Moment. Und ich hoffe, dass es sich genauso gut anfühlt, wie wenn ich mein druckfrisches Fotobuch in den Händen halte.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33078
weiterlesen...