Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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27APR2021
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Das Leben ist wie ein Labyrinth. Das habe ich neulich gedacht, als ich ein Bild von dem Künstler Uli Viereck gesehen habe.

Auf einer großen Leinwand hat er so ein Labyrinth gemalt. Das Labyrinth hat die Form von einem Kreis. In diesem Kreis führt ein Weg von außen nach innen. Aber nicht in einer gleichförmigen Spirale. Immer wieder macht der Weg scharfe Wendungen, und es geht in die entgegengesetzte Richtung weiter.

Ich glaube, so ist das auch mit dem Leben. Der Lebensweg führt nicht immer schön in eine Richtung. Immer wieder kommt man an Punkte, da geht es nicht mehr so weiter wie bisher. Manchmal entscheidet man sich gern für einen Richtungswechsel: Wenn man heiratet zum Beispiel oder in eine größere Wohnung umzieht. Manchmal fällt es einem schwer, die Richtung zu wechseln: Etwa wenn man merkt, dass der Traumberuf doch nicht passt oder der Lebensstil auf Dauer die Gesundheit ruiniert. Und manchmal  wird einem die neue Richtung regelrecht aufgezwungen: Wenn man den Job verliert oder schwer krank wird etwa. Jedenfalls gibt es viele solche Wendepunkte im Leben.

Das Ziel eines Labyrinths liegt in der Mitte. Auch, wenn ich noch unterwegs bin, in einem Labyrinth kann ich mir sicher sein: Irgendwann komme ich in der Mitte an. Ein Labyrinth ist nämlich kein Irrgarten. In einem Irrgarten gibt es Sackgassen. In einem Irrgarten kann ich lange einem Weg folgen und muss dann feststellen: Es geht nicht mehr weiter. Ich kann mich verlaufen und verloren gehen. Das kann mir in einem Labyrinth nicht passieren. Im Labyrinth gibt es nur einen Weg. Der ist zwar verschlungen und geht hin und her. Aber jeder Schritt bringt mich dem Ziel näher. – Ich finde, das ist ein sehr tröstliches Bild für das Leben. Egal, wie verschlungen mein Lebensweg verläuft, wie viele Wendungen er auch nimmt: Er bringt mich ans Ziel.

Auf seinem Bild hat der Künstler Uli Viereck dieses Ziel in der Mitte des Labyrinths als goldenen Kreis gemalt. Gold ist die Farbe Gottes. Auch das ermutigt mich: Am Ende dieses langen, schönen und manchmal auch schweren Weges, steht nicht das Nichts, sondern Gott. „Heimgehen“ haben gläubige Menschen früher das Sterben genannt. Das gefällt mir. Wenn mein Weg durch das Labyrinth des Lebens zu Ende ist, dann bin ich angekommen, dann bin ich zuhause bei Gott.

Mein Leben ist kein Irrgarten, sondern ein Labyrinth. – Mit diesem Bild vor Augen, kann ich gelassener und zuversichtlicher meinen Lebensweg gehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33039
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