Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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26APR2021
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Besuche im Krankenhaus fallen Vielen nicht leicht, besonders bei schwerkranken oder sterbenskranken Menschen. Jemanden zu besuchen ist ja gerade ziemlich umständlich. Aber wenn man nach dem Schnelltest mit FFP-2-Maske im Zimmer steht, dann beginnt die eigentliche Herausforderung erst.

Ich glaube, der Besuch bei einem schwerkranken Menschen fällt nicht leicht, weil man nicht so richtig weiß, wie man sich verhalten und was man sagen soll. Schließlich macht man solche Besuche ja nicht jeden Tag. Welche Themen kann ich ansprechen? Welche Worte können helfen? Kann ich nicht auch viel falsch machen? Verletzt das, was ich sage den Kranken vielleicht sogar? – Solche Fragen gehen einem durch den Kopf.

Mir hilft es dann, wenn ich an Hiob denke. Von ihm erzählt die Bibel. Hiob war ein glücklicher Familienvater. Aber dann bricht das Unglück über ihn herein. Nach mehreren Schicksalsschlägen wird er auch noch schwer krank. „Böse Geschwüre“ bedecken seinen Körper „von der Fußsohle an bis auf seinen Scheitel“, heißt es in der Bibel (Hiob 1,7).

Eines Tages kommen drei Freunde den einsamen, kranken Hiob besuchen. Sicher war das auch für die Freunde eine Herausforderung. Wahrscheinlich haben sie sich ganz ähnliche Gedanken gemacht, wie ich mir heute. Aber sie kommen trotzdem. Ich glaube, das ist schon mal das wichtigste. Sie machen sich auf den Weg zu ihrem Freund, trotz aller Angst, etwas falsch zu machen.

Zunächst einmal sagen sie gar nichts. Sie sitzen da und schweigen. Auch das finde ich wichtig: Man muss am Krankenbett gar nicht so viel reden. Man kann auch miteinander schweigen. Und man kann vor allem zuhören, was der Kranke zu sagen hat.

Hiobs Freunde zeigen allerdings auch, wie man es besser nicht macht. Denn als sie zu reden anfangen, versuchen sie Hiob Tipps zu geben, wie er mit seiner Lage umgehen soll. Und sie erklären ihm, was er falsch gemacht hat, dass es so weit gekommen ist. Das hilft Hiob gar nicht. Er wehrt sich gegen diese Belehrungen.

Was kann ich stattdessen sagen? Ich bin froh, dass es schon Worte gibt, die ich sagen kann, wenn mir die Worte fehlen. Worte, die andere schon vor mir gesprochen haben und die schon Viele getröstet haben. Eines dieser Worte ist der 23. Psalm aus der Bibel. Das Gebet, das von Gott, dem Guten Hirten, erzählt, der mich auf meinem Lebensweg begleitet. Da heißt es:

„Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich“ (Psalm 23,4).

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33038
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