SWR4 Sonntagsgedanken

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25APR2021
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Teil 1– Auferstehung scheint unglaublich

Drei Wochen ist es her, da haben Christinnen und Christen Ostern gefeiert. Auferstehung: Jesus war tot und ist auferstanden von den Toten. Können Sie das glauben? Oder halten Sie es für unglaublich, dass Jesus auferstanden ist?

Wenn es Ihnen schwer fällt das zu glauben, dann sind sie in guter Gesellschaft. Schon im Neuen Testament wird erzählt, dass die Menschen in Europa die Geschichte unglaublich fanden. Der Apostel Paulus hatte deshalb zunächst wenig Erfolg beim Missionieren.

Paulus ist in Athen gewesen. Athen war damals schon eine Großstadt. Und wie das in den pulsierenden Metropolen so ist: Die Menschen sind begierig nach Neuem. Besonders, wenn dem Neuen ein Hauch Exotik anhängt. Und Paulus ist exotisch: Er erzählt von einem fremden Gott, den die Athener noch nicht kennen. Noch dazu kommt Paulus aus Palästina. Mehr Exotik ist kaum möglich. Klar: So einer muss direkt auf den Areopag gebracht werden.

Der Areopag ist in Athen eine Art Stadtrat gewesen. Zugang hatten nur wenige: Reiche, höhere Beamte, uralte Dynastien. Paulus muss klar gewesen sein: Wenn er vor diesen Menschen mit Erfolg predigen würde, dann stünden ihm in Athen alle Türen offen.

Paulus beginnt seine Predigt und erzählt, dass die Welt von einem großen Gott geschaffen wurde. Die Athener nicken dazu. Er sagt, dass Gott nicht in Tempeln oder Kirchen wohnt, sondern überall. Die Athener nicken dazu. Er erinnert daran, dass Gott jedem Menschen seine Lebensspanne zugeteilt hat. In dieser Zeit soll man diesen Gott suchen. Die Athener nicken dazu.

Er erzählt, dass Gott den Menschen Jesus vom Tod auferweckt hat. Da hören die Athener auf zu nicken. Sie fangen an über ihn zu spotten. „Auferweckt von den Toten?“ das kann nicht wahr sein. Ihre Erfahrung ist: Tot ist tot.

Und für viele Menschen ist das bis heute so. Es ist leichter Dinge zu glauben, die vor Augen liegen. Aber die Geschichte eines leeren Grabes vor 2000 Jahren? Unglaublich.

So hat es auch Saskia erlebt. Wir haben zusammen einen Ostergottesdienst vorbereitet. Es ging um ein Foto von einem leeren Tisch mit leeren Stühlen. Saskia hat angefangen zu erzählen, was ihr dazu einfällt. „Das erinnert mich an die leeren Restaurants.“ hat sie gesagt. Alle haben dazu genickt. „Das erinnert mich daran, dass es zur Zeit kein Abendmahl gibt.“ Alle haben dazu genickt. „Es sagt mir, dass wir uns weiter beim Kontakt zurückhalten sollen, damit die Tische wieder voll werden.“ Alle haben dazu genickt.

Und dann hat sie gesagt: „Es gibt mir Hoffnung, weil ich glaube, dass wir nach dem Tod mit Jesus gemeinsam am Tisch sitzen und ihn da wieder sehen.“ Da haben die anderen aufgehört zu nicken und sind verstummt. Irgendwann hat Clara gesagt: Das ist mir zu abstrakt. Können wir nicht über etwas Konkretes sprechen?“

Teil2  – Auferstehung ist aber da

Clara hat dann von ihrer Großmutter erzählt. Die hat schon ihre zweite Impfung bekommen. Da hat sie gleich ihre Freundin angerufen und endlich konnten sie sich wieder treffen. Sie haben Kuchen gegessen und Kaffee getrunken, haben sich umarmt und erzählt. Nach über einem Jahr. Clara hat gesagt: „Da ist so eine Last abgefallen. Das war das größte Geschenk. So stelle ich mir Auferstehung vor.“

Ich glaube, dass die Geschichte vom leeren Grab mit der Geschichte von Claras Großmutter etwas zu tun hat. Auferstehung heißt ja, das etwas zu Ende gegangen ist und etwas Neues beginnt. Christen und Christinnen glauben, dass das am Ende des Lebens so ist. Dass neues Leben beginnt.

Aber selbst als Pfarrer fällt es mir schwer, jeden Tag ganz fest darauf zu vertrauen, dass Gott Jesus von den Toten auferweckt hat. Und dass auch ich deshalb keine Angst vor dem Tod haben muss.

Aber weil ich an anderen Tagen ganz fest darauf vertraue, entdecke ich Alltagsostergeschichten. Wie die von Claras Oma: In dem Neuanfang nach den Impfungen taucht Ostern auf. Claras Großmutter kann wieder vor die Tür wie Jesus aus dem Grab. Sie trinkt Kaffee und isst Kuchen mit ihrer Freundin, so wie Jesus wieder mit seinen Jüngern gegessen hat. Es fällt eine Last ab, wie wenn ein großer Stein weggerollt wird.

Solche Erfahrungen aus dem Alltag nenne ich deshalb ‚Alltagsostern‘. Und das gibt es das ganze Jahr über. Jetzt im Frühling ganz besonders: Zum Beispiel, dass ich die Türen und Fenster wieder auflassen kann, damit frische Luft einströmt. Warme Luft, Sonnenlicht, offene Fenster – so stelle ich mir das leere Grab vor. Oder, dass die Bäume gegenüber auf dem Friedhof wieder ausschlagen. Kräftig grüne Lebenszeichen zwischen den Gräbern. Zeichen von Auferstehung mitten im Leben.

Ich brauche die alte biblische Geschichte und entdecke mit ihr Gottes Nähe in dieser Welt. Leicht ist es deswegen mit der Auferstehung immer noch nicht. Paulus hat den Athenern auf dem Areopag empfohlen: „Sucht Gott, ob Ihr in findet und fühlt. Denn er ist jedem von uns nah. Sucht nach den leeren Gräbern im Leben“ (Apg 17, 16 – 34).

Und ich empfehle Ihnen: Nehmen Sie doch heute mal die Geschichte von der Auferstehung Jesu für wahr. Nehmen Sie mal an, dass Gott uns Menschen mit dieser Geschichte angeboten hat, ihn zu finden. Mitten im Leben. Vielleicht entdecken Sie dann ja auch ganz alltägliche Auferstehungsgeschichten.  Probier’n Sie es aus!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass Sie Gottes Spuren finden!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32993
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