SWR1 3vor8

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Mütend. Der Begriff kam vor einigen Wochen auf, um den Gemütszustand vieler Menschen zu beschreiben. Mütend. Müde und wütend zugleich.

Seit über einem Jahr plagt uns das Virus. Ich bin auch müde von den ganzen Einschränkungen. Was fehlt, sind die schönen, spaßigen, befreiten Momente, die den Alltagstrott durchbrechen. Wütend macht mich, dass ich selber so wenig gegen das Virus machen und manche Entscheidungen anderer einfach nicht nachvollziehen kann.

Mütend waren denke ich, auch die Freunde Jesu nach seinem Tod. Ihr Traum von einem besseren Leben ist geplatzt. In der Geschichte, über die heute in den evangelischen Kirchen gepredigt wird, wird erzählt, wie es dennoch weitergegangen ist.    

Einige Fischer, die mit Jesus unterwegs waren, sind an den See Genezareth zurückgegangen. Dort begegnet ihnen ein Mann. Er sagt zu Ihnen: Werft das Netz aus, dann werdet ihr etwas fangen (Joh 21,6). Als sie das Netz wieder einholen, ist es randvoll. Abends sitzen sie zusammen am Lagerfeuer, unterhalten sich und essen gemeinsam den gegrillten Fisch. Ich stell mir das herrlich vor: Ein lauer Sommerabend, grillen mit Freunden. Und nach dem guten Essen und ein, zwei Bier fühl ich mich einfach gut: Ich fühl mich frei, sorglos, alles ist leicht. Angst, Wut, Zweifel sind in diesem Moment ganz weit weg. Das Leben ist so, wie es sein soll.

Das erleben auch die Freunde Jesu an diesem Abend. Und in dieser Situation erkennen sie in dem anfangs fremden Mann den auferstandenen Christus. Dadurch, dass genug für alle da ist; durch das gemeinsame Essen. Sie erkennen an diesem Abend: Christus lebt. Sie sind nun nicht mehr mütend, sie können hoffen.

Mir zeigt das: Christus kommt zu den Trostlosen und Traurigen. Die Begegnung mit ihm verändert; sie schenkt Hoffnung und Freude. Deshalb erkenne ich in Momenten der Unbeschwertheit, der Sorglosigkeit, der Hoffnung begegnet uns der auferstandene Christus.

Ja, und auch wenn diese Gefühle und Erfahrungen gerade oft überlagert werden, bin ich mir sicher: Hoffnung ist in der Welt. Leichtigkeit wird zurückkommen. Denn der Auferstandene begegnet uns Menschen immer wieder. Vielleicht schon heute in einem zufälligen Erlebnis. Vielleicht an einem lauen Sommerabend, wenn die Kontaktbeschränkungen gelockert sind. Wahrscheinlich ganz unerwartet, wie damals am See Genezareth.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32943
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