SWR2 Wort zum Tag

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12APR2021
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Manchmal ist das Leben einfach nur schön. Alles passt: Das Wetter, das was ich gerade zu tun habe, und die Menschen, die um mich herum sind.

Und manchmal ist das Leben unschön und hässlich, weil es gefühlt einen Nackenschlag nach dem nächsten für mich bereithält. Oder es ist trist und deprimierend, weil es nichts bietet, was wirklich Laune macht.

Meistens aber ist das Leben irgendetwas dazwischen. So empfinde ich es zumindest. Zurzeit finde ich es vor allem anstrengend. Die letzten Monate haben viel Kraft gekostet.

Vor einiger Zeit habe ich eine Postkarte entdeckt, auf der steht: „Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede.“ Ich finde der Satz enthält viel Wahres, auch wenn ich weiß, dass er sicher nicht immer stimmt. Es wäre zynisch zu behaupten, dass das Leben immer schön ist.

Trotzdem gefällt mir der Gedanke: das Leben kann auch schön sein, wenn vieles gerade schwierig ist. Der Satz ist mir wieder eingefallen als ich mit einer Bekannten telefoniert habe. Ich habe sie gefragt, wie es ihr und ihrem Mann geht, weil ich weiß, dass er schwer herzkrank ist. Sein Gesundheitszustand schwankt stark. „Mal ist er müde und kraftlos“, erzählt sie mir, „dann stabilisiert er sich wieder.“ In diesen Zeiten gelingt es den beiden dann, diese guten Momente gemeinsam zu genießen. Sie kochen sich etwas Leckeres und schauen zusammen einen Film an, um sich anschließend darüber zu unterhalten.

„Er ist dann wieder ganz der Alte“, schwärmt sie, „wach, vielseitig interessiert und humorvoll.“ Diese Momente tragen sie dann über die Zeiten hinweg, in denen es ihm wieder schlechter geht, und der Alltag beschwerlich ist.“ „Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede“, zitiere ich vorsichtig den Spruch von der Postkarte. „Ja, das stimmt“, antwortet sie spontan und ihre Stimme klingt leicht und erfreut.

Ich glaube, es ist ein Geschenk, wenn ich überzeugt sagen kann: das Leben ist auch in schwierigen Zeiten schön. Ich kann diese Schönheit nicht erzwingen, sie entzieht sich meiner Macht. Trotzdem bin ich mir sicher: es liegt in einem gewissen Maße auch an mir, die Schönheit des Lebens zu entdecken, wenn sie sich zeigt, und möglichst viel davon als Proviant zu bewahren.

Ich sage nicht, dass das einfach ist. Aber davon war ja auch nie die Rede.

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