Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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01APR2021
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Wenn man selbst gescheitert ist: kann man dann noch anderen helfen? Ja, das geht, zeigt die Bibel. Da wird von Petrus erzählt, dem Wortführer der Jünger von Jesus. Petrus hat geweint, nachdem Jesus verhaftet worden ist. Aber er hat nicht über das geweint, was Jesus gerade durchmachen musste. Er hat bittere Tränen über sich selbst vergossen.

Er war sich vorher so sicher gewesen: „Natürlich werde ich für Jesus da sein, egal, was geschieht. Ich bin so stark: die anderen können sich an mich anlehnen.“ Petrus, der gelernte Fischer, war überzeugt: „Ich bin keiner, der beim ersten Sturm über Bord geht. Andere vielleicht, aber ich doch nicht. Ich steh für meine Überzeugungen ein.“ So weit die Theorie.

Als Jesus verhaftet worden ist, brachte Petrus tatsächlich noch den Mut auf, vor dem Gerichtsgebäude aufzutauchen, in dem Jesus der Prozess gemacht wurde. Dort aber wurde er angesprochen, ob er nicht auch zu Jesus gehört. Da bekommt Petrus richtig Angst. „Nein, ich kenne den Mann gar nicht“, sagt er. Und genau in diesem Moment wendet sich drinnen am offenen Fenster Jesus um und sieht ihn an. Das trifft Petrus ins Mark. Er ist am Boden zerstört und geht weinend weg. Bitter enttäuscht von sich selbst.

Jesus hatte es ihm vorausgesagt, dass ihm das passieren würde. Aber dann hatte Jesus noch etwas Überraschendes dazu gesagt: “Wenn du dann umkehrst, dann stärke deine Geschwister!“
Wie jetzt: Ausgerechnet der, der so übel versagt hat, der soll die andern stärken? Wie soll das denn gehen? Der hat doch das Gesicht verloren. Wer wird sich denn von dem noch was sagen lassen?!

Mag sein. Aber Petrus hat auch etwas gewonnen in den Tagen und Wochen nach seinem Tiefpunkt. Er hat nämlich nicht schön geredet, was er getan hat. Er hat nicht nach Ausreden gesucht. Die andern konnten miterleben, wie Petrus mühsam gelernt hat, sich selbst zu verzeihen. Wie er sich entschuldigt hat und Jesus ihm die Hand gereicht hat.

Als unerschütterlicher Held konnte er jetzt nicht mehr auftreten und die anderen beeindrucken. Das ist wahr. Aber andere konnten sehen, wie er geübt hat, mit sich und mit anderen barmherzig zu sein. Und aus dem zu lernen, was geschehen ist. So hat er andere gestärkt. Vermutlich gerade die, die selbst einen Tiefpunkt erlebt haben.

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