Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

30MRZ2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Anfang des Jahres ist eine neue Bibelübersetzung herausgegeben worden. Muss das sein? Gibt es nicht schon genug Bibelübersetzungen, die man sich ins Regal stellen kann? Luther-Übersetzung, Einheits-Übersetzung, Gute Nachricht und wie sie alle heißen. Und jetzt also noch eine in heutigem Deutsch. Basisbibel heißt sie.

Die Idee, die Bibel in heutiges Deutsch zu übersetzen, gefällt mir erstmal. Die Bibel ist ja nicht nur etwas für’s Bücherregal. Sie ist etwas für heute, für’s Leben. Womöglich auch für mein Leben. Es sind uralte Texte, die ich da entdecke, aus längst vergangener Zeit. Manche sind mir fremd. Aber manchmal merke ich: Da geht es nicht nur um irgendwen, der irgendwann irgendetwas erlebt hat, sondern jetzt sprechen diese Worte mich an. In meiner Welt.

Mit dem Propheten Amos ist es mir zum Beispiel schon so gegangen. Vom ihm und seiner Zeit trennen uns mehr als 2500 Jahre. Ein Thema, das ihn damals sehr beschäftigt hat, war die soziale Gerechtigkeit. Die hat er unerschrocken und sehr hartnäckig eingefordert. Glaubwürdigkeit war auch ein großes Thema bei ihm. Dass das, was ich glaube, sich darin zeigen soll, wie ich lebe, wie ich mich verhalte. Und Amos hat nicht nur gesagt: macht dies und macht das. Er hat häufig gesagt: „Sucht! Fragt!“ Sucht das Gute. Fragt nach Gott. Klärt, in welche Richtung ihr weitergehen wollt. Das ist etwas, was mich an diesem alten Text anspricht: dass nicht nur Antworten gegeben werden. Er fordert mich heraus zu fragen. Und meine eigenen Antworten zu finden.  

Oder die Psalmen – das sind die 150 Gebete in der Bibel. Bei der Taufe in der evangelischen Kirche suchen Eltern einen Bibelvers aus als Taufspruch für ihr Kind. Ich habe bei Taufen schon oft den Taufspruch aus Psalm 91 gehört: „Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“ Da finden sich Eltern offenbar wieder mit dem, was sie beschäftigt. Sie haben in der Bibel Worte entdeckt, in denen sie vorkommen. Sie und das, was sie ihrem Kind wünschen. Es soll behütet sein. Gott möge seine Engel schicken.

Alte Worte für Menschen von heute. Nur für’s Bücherregal finde ich die Bibel viel zu schade. Was denken Sie?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32856
weiterlesen...