Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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25MRZ2021
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Die Schüler meiner neunten Klasse haben sich ein schweres Thema gewünscht: Tod und Sterben. Damit wollen sie sich auseinandersetzen. Dazu mehr erfahren, und sich austauschen. Untereinander. Und mit mir. Einem, der als Pfarrer viel und fast ständig mit dem Tod zu tun hat. Das Thema ist schon unter normalen Umständen eine Herausforderung. Jetzt während Corona erst recht, weil ich den Schülern nicht persönlich begegnen kann. Ich sehe sie höchstens einmal pro Woche am Bildschirm für eine dreiviertel Stunde. Es klappt aber gut, und wenn einem der Jungs oder Mädchen das Thema zu nahe geht, dann melden sie sich bei mir, und wir sprechen im vertraulichen Rahmen über das, was sie beschäftigt.

Und sie beschäftigt viel, weil der Tod einen bei weitem größeren Raum in ihrem Leben einnimmt, als ich mir das bei so jungen Menschen vorgestellt hätte. Der Tod im weiten, umfassenden Sinn. Ein Vater, der nicht zu erreichen ist. Die Sorge, ein Mensch, den man ganz besonders lieb hat, könnte auf einmal sterben. Und auch mit dem sehr realen Tod hatten manche schon zu tun. Ich spüre, dass sie damit ringen, was es bedeutet, wie sie das in ihr Leben einbauen, wie sie dem etwas entgegensetzen können. Diese jungen Menschen, 14/15 Jahre alt, bei denen alles im Aufblühen begriffen ist: ihr Körper, ihr Geist, ihre Seele. Sie sind auf dem Sprung ins Leben hinein. Und gleichzeitig steht ihnen mehr als deutlich vor Augen, dass es Widerstände gibt und dabei nicht immer alles glatt läuft.

Das Lernen in der Schule kann hart sein. Aber das echte Leben ist eine viel härtere Schule. Für mich ist es eine der wichtigsten Aufgaben von Kirche, dass Menschen darunter nicht zerbrechen. Gerade junge Menschen. Nicht zuletzt deshalb ist es gut und hilft, dass es Religionsunterricht gibt. Dort werden Themen besprochen, die sonst eher unter den Tisch fallen. Ich erlebe meine Schüler als sehr offen. Sie fragen nach meinen Erfahrungen mit dem Tod. Und ich erzähle, wie ich damit umgehe. Als Pfarrer, wenn ich beruflich damit zu tun habe. Als einer, der sich immer noch mit dem Tod seines Vaters auseinandersetzt, obwohl dieser schon elf Jahre her ist. Und nicht zuletzt als einer, von dem sie wissen: Der hat die Hoffnung, dass der Tod nie das letzte Wort behält.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32831
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