Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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23MRZ2021
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Treue ist ein großes Wort. 100%ig treu zu sein, ist schwer. Egal ob es dabei um zwei Menschen geht oder um Gott und mich. Die Fastenzeit vor Ostern ist für mich auch eine Zeit, um genauer anzuschauen, wie es mit meiner Treue zu Gott aussieht.

Treue begegnet uns in erster Linie dort, wo zwei Menschen sich aneinander binden. Dann versprechen sie, einander treu zu sein. Und das bedeutet: An der Seite des Anderen zu bleiben, in allen Lebenslagen, an guten und bösen Tagen, ihn zu beschützen. Beide wissen, wo sie dran sind: „Du verlässt mich nicht. Ich kann mich auf dich verlassen.“ Darauf vertrauen sie.

Und Treue hat mit Vertrauen zu tun. Das steckt bereits im Wort. Ich bin der festen Überzeugung: Ohne Vertrauen kann kein Mensch leben. Andernfalls müsste einer ständig auf der Hut sein. Er müsste vor Angst schier umkommen, weil er nie zur Ruhe kommt, immer irgendwo etwas Böses vermutet. Das macht einen auf Dauer kaputt. Wir brauchen Menschen, denen wir vertrauen und sagen können: Der oder die ist mein Partner, mein Freund, komme, was da wolle.

Nun sind wir aber Menschen. Und Menschen sind nicht vollkommen. Wir machen Fehler. Und manches Mal scheitern wir sogar. Das gehört zu unserer Art. Schlimm wird es erst, wenn wir es nicht mehr verstehen oder leugnen. Sich der Wahrheit zu stellen, ist für die Treue ganz besonders wichtig. Denn wenn die Treue gebrochen wird, wird es immer sehr heikel. Das tut wahnsinnig weh, macht misstrauisch, lässt sich oft nur schwer heilen. Wie großartig es aber ist, wenn zwei sich wegen eines Treuebruchs zerstritten haben und nach zähem Ringen neues Vertrauen finden, wissen alle, die das schon einmal erlebt haben. 

Für meine Treue zu Gott gilt das genauso. Sie ist nicht immer gleich stark. Ich habe mich auch schon gefragt, ob es sich überhaupt lohnt, ob der Glaube an ihn womöglich eine Illusion ist. Ja, mein Vertrauen in seine Liebe ist schon ins Wanken geraten. Ich falle hin, stehe auf, ich werde krank, es geht mir schlecht und ich berapple mich wieder - so ist das Leben. Und am Ende bin ich zum Glück immer wieder an den Punkt gekommen: Gott zu vertrauen, ihm zuzutrauen, dass er mich hält und trägt, damit ich nicht ins Bodenlose falle.

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