SWR1 3vor8

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04APR2021
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Jad Vaschem

Vor Jahren war ich in Jad Vaschem in Jerusalem. Das ist die internationale Gedenk- und Dokumentationsstätte, die an die nationalsozialistische Judenvernichtung erinnert. In dem zugehörigen Museum stand ich vor einem großen Schubladenschrank.
In jeder Lade wurde die Geschichte eines Menschen dokumentiert, der seiner Vernichtung entkommen ist. Kleine Habseligkeiten und knappe Texte erzählten von einem engen Versteck, einem doppelten Boden, einem abenteuerlichen Fluchtweg, auch von verborgenen Helfern und wunderbaren Zufällen. Jede Lade stand für das Wunder, dass ein Mensch mit letzter Kraft entkommen ist und die sichere Seite erreicht hat.

Die Rettung am Schilfmeer

Heute, an Ostersonntag, wird in den evangelischen Kirchen ein biblischer Abschnitt in den Mittelpunkt gestellt, der die Rettung Israels in größter Not erzählt (2. Mose 14). Ist das eine Ostergeschichte? Ostern feiern wir doch die Auferstehung von Jesus Christus!

In der Predigt wird aber zunächst daran erinnert, wie die Israeliten auf ihrer Flucht aus der ägyptischen Sklaverei in eine Sackgasse geraten sind. Mit dem Meer vor Augen und den Verfolgern im Rücken gab es kein Vor und kein Zurück. Die Menschen sind verzweifelt. Da hat Mose in der Kraft Gottes das Meer geteilt, so heißt es, und das Volk sicher und sogar trockenen Fußes auf die andere Seite gebracht. Die Verzweifelten waren gerettet.

Ja, ich finde, das ist eine Ostergeschichte. Gott rettet aus dem sicheren Tod, weil er zu seinem Wort steht. Zur Erinnerung daran feiern die Juden bis heute das Pessachfest. Und die christlichen Kirchen stimmen heute mit ein. Ich finde es wichtig, die Erinnerung an das Schilfmeerwunder immer wieder aufzufrischen, denn die Gefahr ist vorbei, aber nicht vorüber. Nach den Ägyptern kamen neue Schreckensherrschaften, erst die Assyrer und dann die Babylonier, und viele, viele weitere. Auch heute verzweifeln Menschen unter der Übermacht furchtbarer Schrecken und sehen keinen Ausweg. Ihre Not berührt Gott.

Ostern

Er tut Wunder, denn ohne Wunder geht ist nicht. Die Rettung der Israeliten am Schilfmeer und die Aufweckung von Jesus sind für mich solche Wunder. Niemand konnte mit ihnen rechnen. Sie sind die Ausnahme. Am Schilfmeer ist es gelungen, trockenen Fußes das Meer zu durchqueren. An Ostern ist es gelungen, das Grab aufzubrechen. Und jede Lade in Jad Vaschem bezeugt, wie es gelungen ist, den Mördern zu entrinnen. So schlägt Gott der Tyrannei ein Schnippchen, die keine Ausnahmen kennt. Wenn das einmal gelungen ist, wird es auch wieder gelingen. Das muss erinnert und groß gefeiert werden! Gepriesen sei die Ausnahme, der Spalt im Meer, die Habseligkeiten in den Schubladen in Jad Vaschem, gepriesen sei Gott, der aus dem Tod errettet!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32793
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