Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wollust - Eigentlich ein schönes Wort. Weil es wohlig, prall und sinnlich klingt. Warum zählt dann aber die Wollust zu den sogenannten sieben Todsünden? Und was heißt das denn: Todsünde?
Die sieben Todsünden gibt es eigentlich gar nicht, zumindest nicht in einer modernen Theologie. Aber dieser mittelalterliche Sündenkatalog der katholischen Kirche klingt mittlerweile wohl so exotisch, dass er immer wieder von Filmemachern oder Werbestrategen aufgegriffen wird. Grund genug nach dem Kern der sogenannten „7 Todsünden“ zu fragen.
Mit Todsünden waren durchaus gängige Verhaltensweisen gemeint, die aber schädlich sind und im letzten tödlich für den Menschen werden können.
Neid zum Beispiel, Hass oder Gier. Wenn früher von Todsünden die Rede war, dann war also immer die Rede von negativen Extremformen menschlichen Verhaltens. Natürlich wurde mit diesem Sündenregister von der Katholischen Kirche auch Druck und Macht ausgeübt. Dadurch ging aber leider immer wieder unter, dass mit dem Wort Todsünde der Mensch eigentlich gewarnt werden sollte, gewarnt vor sich selbst.
Bei der Sexualität zum Beispiel sollte das Wort Wollust als Todsünde davor warnen andere Menschen rücksichtslos zu gebrauchen. Warnen vor kalten Körperkontakten, die nur die eigene Befriedigung suchen. Mit Wollust als Todsünde war also keine wohlige Lust oder prickelnde Erotik gemeint, sondern Sex ohne Seele, Sinnlichkeit ohne Sinn.
Das kann bei erwachsenen, ebenbürtigen Partnern schon mal vorkommen, vielleicht sogar auch spannend sein, aber auf Dauer ist Sex ohne Seele für eine Beziehung tödlich. Weil im Haus des Körpers die Seele wohnt. Und wenn sie eingesperrt wird oder ihr dauerhaft Wege versperrt werden sich aus diesem Haus herauszuwagen, dann stirbt die Beziehung ab. Ein Wort wie „Todsünde“ scheint da gar nicht mehr so daneben. Und vielleicht auch nicht mal so vorgestrig, oder?
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3266
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