Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Zorn! Der Blick zurück im Zorn. Zornige alte Männer. Heiliger Zorn.
Literatur und Sprache sind voll von dieser Art menschlichen Ausrastens.
Zorn gilt als ein schlechter Ratgeber, es heißt er sei blind und er ist eine der sieben Todsünden.
Ich kenne diese Art des Ausrastens. Wenn ich mich ungerecht behandelt fühle und mehrmals im falschen Ton oder zur falschen Zeit angegriffen werde. Dann kann es schon passieren, dass er aus mir herausbricht, der Zorn. Im Extremfall kann da schon mal meine Faust auf den Tisch knallen oder ein Gegenstand an die Wand fliegen. Aber die absolute Grenze hab ich - Gott sei Dank - noch nie überschritten. Etwas auf jemanden zu werfen oder gar die Hand gegen einen Menschen zu erheben.
Gefühle wie Wut und Zorn gehören zum Menschen. Und der Zorn hat auch eine sehr gesunde Seite, wenn er nicht als Drohung und Machtmittel eingesetzt wird oder wenn er nicht eine dauernde Unbeherrschtheit ist. Dann kann er auch gut sein für das Zusammenleben der Menschen: als reinigendes Gewitter, als Grenzmarkierung oder als Selbstschutz. Wird jemand immer unterdrückt oder unterdrückt sich jemand selbst zu lange, dann kann er depressiv werden. Oder aggressiv, bis hin zur tödlichen Aggression, wie die immer wieder kehrenden Amokläufe zeigen. Wegen dieser Gefahr zählt der Zorn auch zu den so genannten sieben Todsünden. Wenn die jahrelange Unterdrückung eines Menschen und seiner Gefühle zu entfesseltem Zorn führen. Wenn jemand völlig außer sich gerät, Amok läuft und nur noch um sich schlägt, mit Worten oder mit Messern verletzt, dann ist nichts mehr Gutes am Zorn, dann bringt er nur noch Zerstörung, Kummer und Leid.
Darum muss ich mich schützen. Mich selbst und die Anderen.
Vor Unterdrückung, Ungerechtigkeiten oder Beleidigungen. Damit meine Verstimmung, mein Ärger oder meine Wut nicht hochkochen und zum Zorn, zum entfesselten Zorn werden.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3265
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