Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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27FEB2021
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Ein typischer Kurzdialog dieser Tage: „Und? Wie geht’s?“ „Wie soll’s schon gehen, langsam ist man‘s leid, aber was will man machen!“ Für mich steckt in diesem Satz viel Weisheit.

„Langsam ist man’s leid“, das ist eine Klage. Ich klage über die Corona- Einschränkungen, d.h. nicht, dass ich ihre Notwendigkeit nicht einsehe. Ich habe mich darangehalten und tue es weiter. Aber ich leide darunter, dass ich meine Enkelkinder nicht mehr in die Arme nehmen kann, der Kontakt zu meinen Freunden nur noch per Telefon oder Video läuft und dass ich schon so lange nicht mehr in Gemeinschaft laut gesungen habe. Und dieses mein Leid, muss ich auch mal zum Ausdruck bringen. Ob resignativ „langsam ist man’s leid“ oder auch wütend „So langsam hab‘ ich die Schnauze voll“. Beides ist OK. Wer klagt, der lebt noch, der hat noch Gefühle. Und für die psychische Gesundheit ist es oft gut, seine Gefühle auch mal rauszulassen. Deckel auf, damit der Dampf abziehen kann.

Mit dem zweiten Teil des Satzes: „Aber was will man machen!“ relativiere ich meine Klage. Eine Klage ist keine Anklage. Ich brauche die Klage, damit es mir besser geht, aber ich klage niemanden an. Darüber hinaus ist „Aber was will man machen!“ auch mein Eingeständnis, dass ich auch keine andere Lösung weiß. Ich hätte so gerne wieder ein Leben ohne Coronabeschränkungen, aber ich habe letztlich auch keinen Plan. Ich leide zwar darunter, aber ich weiß im Moment gilt es die Situation auszuhalten. Da muss ich eben durch.

Wie dieser typische Kurzdialog dieser Tage zeigt, haben das die meisten Menschen auch kapiert. „Und, wie geht’s?“ „Wie soll’s schon gehen, langsam ist man‘ leid, aber was will man machen!“

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