Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Es war einmal ein Frosch, der es nicht ertragen konnte, dass er nicht so groß war wie der Ochse, der neben ihm wohnte. Der Frosch reckte und streckte sich hüpfte wie ein Verrückter, um wenigstens annähernd einmal die Größe des Ochsen zu erreichen. Eines Tages merkte er, dass er durch reines Pumpen, durch inneres Blasen größer werden konnte. Und so pumpte er, blies und blähte sich auf - bis er platzte.“
Diese steinalte Fabel beschreibt sehr plastisch-drastisch die fünfte der 7
sogenannten Todsünden: den Neid. Warum wird Neid eine Todsünde genannt? Ich mag das Wort Todsünde eigentlich überhaupt nicht, weil es so dramatisch moralisch klingt, so unheilvoll, bedrohlich und endgültig. Und Neid ist ja nicht nur verurteilenswert. Ich kann die Menschen schon verstehen, denen nicht viel vergönnt ist im Leben oder die Vieles einfach nicht auf die Beine kriegen. Dass sie dann neidisch werden auf die Erfolgreichen, Schönen und Glücklichen. Aber es steckt schon auch ein gutes Stück Wahrheit drin, wenn man Neid als ein Fehlverhalten bezeichnet, das tödlich sein kann. Bei Menschen zum Beispiel, die eigentlich genug haben, aber nie zufrieden sind mit sich oder mit dem was sie haben oder gerade nicht haben.
Neid kann sozial tödlich sein und zwar in zwei Richtungen. Auf mich selbst hin und auf meinen Nächsten. Denn Neid ist das höchst negative Gefühl anders zu sein. Das tief schmerzliche Gefühl weniger zu haben oder zu können, kleiner, schwächer oder schlechter zu sein als andere. Das trennt mich von anderen, statt mich mit ihnen zu verbinden, und mich an ihrer Größe, ihrer Schönheit oder ihrer Andersartigkeit zu freuen.
Neid kann seelisch gefährlich sein, wenn ich mich zum Beispiel durch das Nachahmen falscher Vorbilder so weit von mir selbst entferne bis ich mich selbst verliere. Und Neid ist sozial tödlich, weil irgendein anderer immer irgendwie größer, besser oder schöner ist als ich. Und die anderen sich irgendwann von mir trennen, wenn sie merken, dass ich so sein will wie sie, und nicht so, wie ich bin.
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