Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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19FEB2021
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Vorräte anzulegen ist altmodisch, scheint mir. Bei meinen Eltern gab es noch Einmachgläser mit Erbsen, Möhren, Bohnen, in der Speisekammer, daneben Tüten mit Mehl und Zucker. Und im Keller Kartoffeln und Äpfel. Später hatten wir eine Gefriertruhe. „Man weiß nie, was kommt“, haben meine Eltern gesagt. Sie hatten schlimme Zeiten erlebt. Heute haben die meisten Wohnungen gar keine Speisekammer mehr. Man kann ja alles jederzeit kaufen.

Die Industrie macht es übrigens genauso. Viele Firmen haben keine Lager mehr, die Lager für die benötigten Einzelteile sind in den LKWs auf der Autobahn. Wenn die wegen Glatteis nicht fahren können, gibt es Lieferengpässe und die Produktion gerät ins Stocken.

Vorräte anzulegen ist sinnvoll. Die Bibel erzählt, dass schon Josef in Ägypten vorausschauend Vorräte anlegen ließ. In 7 Jahren mit guter Ernte für die 7 mageren Jahre, die dann kamen.

Vorräte anzulegen wäre auch im übertragenen Sinn sinnvoll. Ohne innerliche Vorräte wird es schnell kalt und einsam, wenn von außen nichts nachkommt. Der Fernsehmoderator Harald Lesch schreibt: „Wenn wir mit unseren Kindern nicht so umgehen, dass sie innere Energiereserven bilden können, werden sie auf eine stete Zufuhr von außen angewiesen sein. Wer sich keine inneren, wer sich keine spirituellen Vorräte anlegt, kann in einer Krise schnell leer und hohl dastehen.“ (Harald Lesch, Unberechenbar, Verlag Herder 2020).

Was könnten solche Vorräte sein, die man schon Kindern mitgeben kann? Geschichten vor allem, finde ich. Zum Beispiel die Geschichte von Josef und den 7 fetten und den sieben mageren Jahren. Oder die Geschichte von des Kaisers neuen Kleidern, wo sich ein Kind traut, das Offensichtliche zu sagen und damit den verblendeten erwachsenen die Augen öffnet. Die Geschichte von den tapferen Hebammen zum Beispiel, die sich mutig und schlau dem mörderischen Befehl des Königs entgegensetzen und viele Leben retten. Die wird auch in der Bibel erzählt. Die Geschichte vom verlorenen Sohn, der das Glück sucht, aber leider auf Irrwege gerät und ins Unglück gerät, und der einen neuen Anfang findet, als er sich zurücktraut zu seinem Vater. Jesus hat erzählt: so ein Vater ist auch Gott. Er macht Menschen einen neuen Anfang möglich.

Wer solche Geschichten kennt, der hat einen Vorrat für schlechte Zeiten, meine ich.

Harald Lesch schreibt: „Haben wir Mut, Vorräte anzulegen und anderen dabei zu helfen, Reserven zu bilden.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32617
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