Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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12FEB2021
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Der Valentinstag funktioniert in diesem Jahr nur mündlich. Maulfaul wie wir Männer oft sind, lassen wir lieber Blumen sprechen. Wenn aber die Geschäfte zu sind, muss man verbal zum Ausdruck bringen, was wir an der Auserwählten schätzen und lieben. Das wird hart!

Geht´s ums Gegenteil, tut „mann“ sich scheinbar leichter. Kaum erträglich, was Frauen heute an Männergewalt und Demütigung auszuhalten haben. Sie werden offen attackiert, beleidigt, sexuell belästigt und niedergemacht. Machos in den Parlamenten drehen sich demonstrativ um, quasseln, blödeln oder daddeln, sobald eine Frau ans Rednerpult tritt. Als Mann schäme ich mich für diese Artgenossen, die den Frauen jegliche politische Kompetenz absprechen. Erbärmlich auch, dass viele Politikerinnen immer wieder von widerlichen „Shitstorms“ überzogen werden. Die meisten dieser frauenfeindlichen Attacken, das ist inzwischen erwiesen, kommen übrigens von rechts. 1)

Auf offener Straße prangen obszöne Graffitis. Im Netz ist der Bär los. Unter dem Schutz der Anonymität plustern sich Schwächlinge auf, die mit ihrer Rolle als Mann nicht klar kommen. Sexuelle Anmache – im O-Ton gar nicht wiederzugeben – steigert sich bis zur blindwütigen Hetze, die sich in „hate-speech“, in ekelhaftem „Hass-Sprech“ Luft verschafft. Im Unterschied zu einigen anderen europäischen Staaten ist solcher Frauenhass bei uns immer noch nicht strafbar. 

Wichtiger als ein Gesetz wäre allerdings, dass wir Mannsleute nicht stumm hinnehmen, was da so mancher Geschlechtsgenosse verbal oder digital absondert. Mehr noch: Dass wir wirklich eine Kultur der Partnerschaft leben, die Frauenhasser einfach vom Platz stellt.

Sollten Ihnen, liebe Männer, übermorgen am Valentinstag nicht nur Blumen, sondern auch noch die Worte fehlen, dann greifen Sie bitte mal nach dem „Hohen Lied“ in der Bibel, einem der schönsten Liebesgedichte der Weltliteratur:

„Schön bist du, meine Freundin, ja du bist schön“, ist da zu lesen, „verzaubert hast du mich mit dem Blick deiner Augen“(Hohes Lied 4,1 und 4,9). Solche Worte hat Ihre Frau oder Ihre  Geliebte vermutlich noch nie aus Ihrem Mund gehört. Da verblassen sogar rote Rosen.

 

1    Laut Statistik des Bundeskriminalamts, zitiert in DIE ZEIT – 29. Oktober 2020, Seite 70

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32559
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