Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

04JAN2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Hungrige speisen und Durstigen zu trinken geben. Das sind 2 von 7 Werken der Barmherzigkeit. Jesus hat sie empfohlen und bis heute ist davon die Rede. In diesem Jahr fordert das kirchliche Jahresmotto zur Barmherzigkeit auf. „Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist!“

Aber was heißt das nun, barmherzig sein? Heißt das Mitleid haben mit denen, die Unrecht leiden? Nachsichtig sein mit denen, die sich nicht anpassen können? Die schonen, die es sich bequem machen?
Jesus hat Beispiele gegeben für das, was barmherzig ist. Hungrige speisen ist das erste.

Nun gibt es Gott sei Dank keinen wirklichen Hunger in Deutschland. In anderen Ländern aber schon. Und auch bei uns in Deutschland gibt es Armut. Gewiss: Es gibt Tafeln, wo Bedürftige günstig Nahrungsmittel bekommen können und Kleiderkammern gibt es auch. Gott sei Dank.

Aber es ist schwierig, in dieser Zeit Essen auszugeben und Kleider. Und viele gehen da auch deshalb nicht hin, weil sie sich schämen, arm zu sein. Es ist nicht wahr, dass jeder seinen Lebensunterhalt verdienen kann, wenn er bloß will. Hier bei uns nicht. Und anderswo erst recht nicht.

Es gibt Lebensverhältnisse, da kommt man schwer wieder raus. Kinder, die in schwierigen Verhältnissen aufwachsen, die tun sich schwer in der Schule und können später kaum einen auskömmlichen Beruf lernen. Es gibt Schicksalsschläge, Behinderungen, Krankheiten, die Menschen in Armut bringen. Da heißt „Hungrige speisen“ auch: dafür sorgen, dass die Verhältnisse sich ändern. Dass alle eine Chance bekommen, für sich selber zu sorgen. Und wohl auch, das Gesunde, Starke und Wohlhabende dafür mit ihren Steuern einen Beitrag leisten. Damit alle Menschen nicht nur satt werden, sondern auch Zukunftschancen haben: Kinder zum Beispiel einen eigenen PC fürs Homeschooling. Überhaupt: Schulen für alle Kinder, auch für Mädchen. Überall.

Ich glaube, deshalb hat Jesus auch von denen gesprochen, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten. Solange es nicht gerecht zugeht in unserem Land und in der Welt, solange wird es Arme geben. Chancenlose. Hilfsbedürftige.

Es ist wahr: Für 2021 haben die meisten von uns wohl mehr Sorgen als sonst. Noch längst ist die Pandemie nicht zu Ende. Aber auch sie trifft uns hier in Europa weniger als die Menschen anderswo. Vielleicht sollten wir uns die Werke der Barmherzigkeit vornehmen im kommenden Jahr: Zuallererst „Hungrige speisen und Durstigen zu trinken geben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32348
weiterlesen...