SWR1 3vor8

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26DEZ2020
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Dominosteine und der Hl. Stephanus.

Dass die beiden was miteinander zu tun haben, war mir lange nicht klar.

Mit Dominosteine meine ich diese gefüllten Schokowürfel. Und Stephanus hat kurz nach Jesus gelebt. Heute ist sein Gedenktag.

Als Diakon setzt Stephanus sich besonders für die Menschen am Rand der Gesellschaft ein. Und er erzählt begeistert von Gott und Jesus. Allerdings stößt er damit auf heftigsten Widerstand. In der Apostelgeschichte heißt es: „Als sie seine Rede hörten, waren sie aufs äußerste über ihn empört und knirschten mit den Zähnen.“ (Apg 6, 54) Doch weil Stephanus nicht von seinem Glauben abzubringen ist, wird er von der wütenden Menge gesteinigt. Und da kommen die Dominosteine ins Spiel.
Erfunden wurden sie vor gut 80 Jahren in Dresden: vom Chocolatier Herbert Wendler. Ursprünglich ganz ohne christlichen Bezug. Eher als preiswerte Alternative zu seinen sonstigen Luxuspralinen. Im Lauf der Jahrzehnte hat sich das verändert. Durch seine Würfelform erinnert er an die Steine, mit denen Stephanus getötet wurde. Und auch die Schichten der Praline kann man auf ihn beziehen. Der herbe Lebkuchen, früher ein Fastengebäck, steht für den bitteren Tod. Und das süße Fruchtgelee in der Mitte für den Himmel. Als Krönung und teuerste Zutat kommt ganz oben noch eine Marzipanschicht.

Seit ich um die christliche Deutung weiß, erinnern mich Dominosteine daran, dass beides zum Leben gehört: das Süße und das Herbe. Auch die Kirche hat den Stephanustag gleich hinter das Fest der Geburt Jesu platziert, um deutlich zu machen, dass unsere Welt mit Weihnachten nicht plötzlich friedlich und sicher ist. Kriege gibt es an vielen Orten. Das Virus ist immer noch da. Ängste und Sorgen sind nicht einfach weg. Und es ist gerade an Weihnachten spürbar, wenn ein lieber Mensch gestorben ist.

Das alles ist da. Aber es ist eben nicht alles.

Weihnachten macht mir klar, dass Gott der Dunkelheit und dem Herben etwas entgegensetzen kann: sein Licht und seine Nähe. Dadurch ist nicht automatisch alles gut. Und ich will dem Schwierigen auch nicht ausweichen oder ihm irgendeinen Sinn zusprechen. Aber wenn ich vertrauen kann, dass Gott mir selbst in solchen Situationen nahe ist, dann bekommt die Zuversicht in mir wieder ein bisschen Platz.

Ich spüre das vor allem durch andere Menschen. Wie aufbauend und stärkend ist ein gutes Wort, wenn ich an mir selbst zweifle. Wie tröstlich ist es, wenn jemand für mich da ist, wenn ich traurig bin.

Für mich weihnachtliche Zeichen, die mich daran erinnern, dass es neben der herben, auch eine süße Schicht in meinem Leben gibt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32326
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