SWR1 3vor8

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03JAN2021
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Ein Kind, das sich in der Dunkelheit ängstigte, rief ins Nebenzimmer: „Tante, sprich doch zu mir, ich fürchte mich!“ „Aber was hast du davon, du siehst mich doch gar nicht!“ Darauf das Kind: „Wenn jemand spricht wird es heller!“ Dieses Gespräch von Zimmer zu Zimmer hat Sigmund Freud beschrieben, der Begründer der Psychoanalyse.
In den katholischen Kirchen wird heute ein Text gelesen, in dem es genau darum geht: Um Worte wie Licht. Er ist aus dem Johannesevangelium und zwar von dessen Anfang, ganz passend zum Anfang dieses Jahres wie ich finde: „Im Anfang war das Wort“ heißt es im ersten Satz, „und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts was geworden ist. In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen…“

Johannes ist der poetische Überflieger der Evangelisten. Wie ein Adler kreist er mit seiner Sprache über und um die Botschaft Jesu Christi.
Worte wie Weg, Wahrheit, Leben und Licht sind Schlüsselworte in seinem Evangelium. Und natürlich das Wort selbst. Das für ihn am Anfang von allem steht. Das von Gott kommt, das Gott ist! Das muss man sich mal vorstellen! Das Wort, die Sprache, uns Menschen von Gott gegeben, damit wir sie durch uns hindurchgehen lassen, so dass unsere Worte zu Licht werden können, wärmen können. Und möglichst nicht verletzend sind, was Worte ja auch sein können. Darum will ich nicht zu viel und auch nicht oberflächlich reden. Sondern mit Zeit, um zu denken und zu fühlen. Mit Zeit, die ich mir für einen Menschen genommen hab. Um Worte zu finden, die aus dem Hören kommen. Dem Hören auf die Worte des Anderen. Oder auf sein Schweigen.


Das muss man sich mal vorstellen: Die Sprache als Gottesgabe für uns Menschen. Durch die sein Licht in uns gelegt ist. Und zeitlos da ist. Als ewiger Gottesfunken, der in uns ist und durch uns hindurch zu Anderen gehen kann. Damit wir uns verstehen können, besser verstehen können. Damit wir uns Schönes und Liebes sagen können, uns trösten können. Mit Worten wie: „Ich mag Dich“, „Gib nicht auf“, „Ich denk an Dich“, „Pass gut auf Dich auf“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32324
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