SWR1 3vor8

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Die heiligen drei Könige sind einem Stern in der Nacht gefolgt, erzählt die Bibel. Heute, am Tag der Heiligen Drei Könige wird in den evangelischen Gottesdiensten über ein Wort aus der Bibel gesprochen. „Mache dich auf und werde licht, denn dein Licht kommt; und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir.“ (Jes 60, 1) Wer sagt das zu wem und warum?

Welches Licht ist gemeint? „Mache dich auf und werde licht“. Ich glaube nicht, dass der Stern der drei Weisen gemeint ist.  Das hat ein Prophet mit Namen Jesaja zu der Stadt Jerusalem gesagt, sehr eindringlich, fast beschwörend: Mache dich auf und werde licht. Steh auf, strahle!

Danach war es den Einwohnern Jerusalems damals bestimmt nicht zumute, denn die Stadt war zerstört, gedemütigt, gekränkt.

Damals Jerusalem, heute Beirut, das fast auf den Tag genau vor fünf Monaten (4. August 2020) durch eine gewaltige Explosion zerrissen wurde. Homs, Aleppo, Idlib, und viele, viele mehr, von Krieg und Korruption terrorisierte und zerstörte Städte.

Die Bewohner sind geflohen und zerstreut und von der Welt verlassen. Und da hinein damals diese Worte an das zerstörte Jerusalem:
Mache dich auf und werde licht, denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über Dir, so verspricht es der Prophet Jesaja der geschändeten Stadt. Die Herrlichkeit Gottes geht auf über dir wie die Sonne!

Ich glaube, der Prophet redet von der Sonne der Gerechtigkeit Gottes. Gott setzt die zerstörte Stadt ins Licht und ins Recht, und wendet sich ihr liebevoll zu.

Jesaja verspricht dann weiter, dass die Völker kommen werden - und ich sehe die Heiligen drei Könige vor meinem inneren Auge in die zerstörten Städte ziehen. Die christliche Tradition hat in ihnen schon immer Vertreter aller Völker gesehen. Sie kommen, um zu heilen, zu trösten und wiederaufzubauen.

Ich sehe die Heiligen Drei Könige als Vertreter der Weltgemeinschaft ihre Schätze auftun.

Das ist ein Traum, den ich auch für geschändete Menschen träume. Dass sie nicht länger im Dunkeln stehen. Dass Gottes Licht sie zeigt, mit ihren Wunden. Und dass ihre Erscheinung die Völkergemeinschaft zwingt um Anerkennung und Genugtuung für sie zu streiten.

Die Herrlichkeit Gottes geht auf wie die Sonne über der zerstörten Stadt und über den verwundeten Menschen. Sie lenke unsere Blicke – wie die der Könige damals – und steuere unser Herz und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32285
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