Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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24DEZ2020
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… und jetzt wird Weihnachten tatsächlich ganz anders. Vertraute Verwandte können nicht zu Besuch kommen. Da kann einem das Wohnzimmer ganz schön leer vorkommen. Der traditionelle Heiligabend-Gottesdienst in einer vollgestopften Kirche muss genauso ausfallen. Vielleicht gibt es ja ein Ersatzprogramm bei Ihnen. Und Essengehen über die Feiertage, das ist genauso wenig drin. Man kann ein Festessen noch liefern lassen, aber auch das … na ja.

Wie soll man da Weihnachten feiern? Das habe ich mich oft gefragt in letzter Zeit. Nicht nur als Pfarrer, sondern auch ganz persönlich. Denn ich habe ja ganz bestimmte Vorstellungen, an denen ich hänge. Und jetzt ist alles so unvollkommen und improvisiert.

Aber dann erinnere ich mich: Unvollkommen und improvisiert war Weihnachten doch auch schon beim allerersten Mal.

Hätten Maria und Josef alles nach ihren Vorstellungen planen können – sie hätten ihr Kind mit Sicherheit zu Hause zur Welt gebracht. Und genau überlegt, wer dann wann zu Besuch kommt. Und wie man die ersten gemeinsamen Tage verbringt.

Aber auch da schon ist es ganz anders gekommen. Kurz vor der Geburt treten neue Bestimmungen in Kraft – und die beiden müssen aufbrechen, sich im fernen Bethlehem behördlich registrieren lassen. In der Herberge dort gibt es keinen Platz, zum Kinderbett wird eine Futterkrippe. Und zu Besuch kommen die dahergelaufenen Hirten vom Feld. Auch damals hat also das Leben alle Pläne über den Haufen geworfen.

Und trotzdem: Dort in Bethlehem, in der Futterkrippe ist Jesus zur Welt gekommen. Und damit Gott selbst, glauben Christen. Das würde doch heißen: Gott war schon damals dort, wo es anders kommt als geplant. Wo Menschen in Krisen sind und nicht wissen, was kommt.

Und es wird wie bei jeder Geburt gewesen sein – beim Blick auf das Kind wird alles andere zur Nebensache. Dort an der Futterkrippe sind Maria und Josef Gottes Liebe begegnet. Und sie haben gemerkt: Es kommt nicht auf unsere Pläne an. Das Entscheidende passiert von ganz allein.

Weihnachten können wir also auch dieses Jahr feiern, ganz bestimmt. Eben unvollkommen und improvisiert. Und mit aller Freiheit, was passiert. Vieles geht ja auch ganz spontan – Musik hören oder im Internet nach einem Gottesdienst schauen, telefonieren oder E-Mails schreiben. Vielleicht kommt Gott uns ja sogar noch näher als je zuvor. Weihnachten fällt ja nicht aus – es wird nur anders.

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