Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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22DEZ2020
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Unsere Kinder können oft nicht miteinander, aber eben auch nicht ohne einander. Und wenn ich sie so spielen und scherzen und sticheln und streiten sehe, dann denke ich oft: Da hat eben das ganze Leben Platz. Die Beziehung zwischen Geschwistern ist ja meistens die längste im Leben. Die Eltern sterben in der Regel früher. Und einen Lebenspartner lernt man erst später kennen. Auch Freunde haben einander meistens nicht so lange.

Entsprechend viel können Geschwister miteinander erleben. Und weil sie sich von klein auf kennen, können sie sich besonders hilfreich unterstützen, aber auch genauso gut gegenseitig weh tun. Da gibt es die volle Bandbreite, wie es sie im Leben eben gibt.

Die Bibel ist voll von Geschwister-Geschichten. Eine ganz berühmte ist die von Josef und seinen Brüdern [1. Mose 37 – 50].

In der geht zuerst mal ganz viel schief. Josef trägt seinen Teil dazu bei: Wenn seine Brüder Mist bauen, dann trägt er das zuverlässig dem Vater zu. Das kommt natürlich nicht so gut an bei seinen Geschwistern. Aus dem Konflikt wird bald richtige Abneigung. Bis dahin, dass die Brüder Josef aus dem Weg schaffen und in die Sklaverei verkaufen.

Arg übertrieben, das alles? Finde ich gar nicht. Das gibt es doch alles bis heute unter Geschwistern. Auch da ist man neidisch aufeinander, auch da wird hintenrum gepetzt. Auch da kommt es vor, dass einer von den anderen abgelehnt wird. Und mancher Streit verfestigt sich im Lauf der Jahre. Viele Geschwister haben als Erwachsene keinen Draht mehr zueinander, oder gar keinen Kontakt.

Wie wird das mal bei unseren Kindern? Wie kommen die als Geschwister miteinander zurecht, jetzt und auch später? Manchmal mache ich mir solche Gedanken.

Dann hilft es mir, an den Schluss der Geschichte von Josef und seinen Brüdern zu denken. Viele Jahre später treffen sich die Geschwister dort wieder, eher zufällig. Und Josef ist zuerst voller Rachegedanken. Verständlich! Es dauert seine Zeit, bis er die loslassen kann. Aber dann versöhnen sich die Geschwister tatsächlich. Und Josef sagt zu seinen Brüdern: „Gott hat es zum Guten gewendet“ [1. Mose 50,20a; Gute Nachricht Bibel].

Was also auch passieren mag unter Geschwistern: Für Versöhnung ist es nie zu spät. Weil Geschwister auch dafür besonders viel Zeit haben. Und weil Gott Dinge möglich macht, die wir nicht in der Hand haben. Ich finde: Das sind gute Aussichten. Für unsere Kinder – und für andere auch.

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