Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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21DEZ2020
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In der Adventszeit hatte ich dieses Jahr mehr Zeit als sonst. Manche Veranstaltung ist ausgefallen, Sitzungen gehen digital oft schneller, ich habe viel telefoniert. Ich bin lange nicht so viel unter Leute gekommen. Ich war viel mit meiner Familie zusammen, hatte Kontakt zu wenigen guten Freunden – und ich war viel mit mir allein.

Mit der Zeit sind da auch persönliche Dinge hochgekommen. Themen, die ich irgendwie im Hinterkopf hatte, bei Gelegenheit auch mal ansehen und sortieren wollte. Aber im Alltag war dafür nie Luft. In der hektischen Adventszeit schon gar nicht. Das war jetzt mit einem Mal anders. Plötzlich hatte ich Zeit, mich ausführlich mit mir selbst zu beschäftigen.

Am Anfang war das ungewohnt. Und manchmal auch unangenehm. Es gibt ja auch Dinge, die ich ganz gern immer wieder weggeschoben habe. Zum Beispiel, weil mir völlig klar war: Eigentlich könnte ich was ändern. Aber kriege ich das hin? Manchmal habe ich dann versucht, mich irgendwie abzulenken. Auch ohne Termine und Leute geht das ja ganz gut.

Aber mit der Zeit habe ich gemerkt: Es tut mir gut, so ganz bei mir zu sein. Zum Beispiel habe ich ganz neuen Zugang zu meinen Gefühlen gefunden. Ich konnte spüren, wie es mir wirklich geht, tief in mir drin. Wenn viel los ist um mich herum, blende ich das oft aus. Jetzt war ich ganz da.

Und dadurch habe ich auch mehr Gespür für andere Menschen bekommen. Wenn mir andere von ihren persönlichen Themen erzählt haben oder auch von aktuellen Lebenskrisen, habe ich mich ihnen verbunden gefühlt. Und oft hat schon das im Gespräch einen Unterschied gemacht.

Mehr Zeit für mich selbst und andere – zur Adventszeit passt das eigentlich ganz gut. Die Adventszeit war nämlich ursprünglich eine Fastenzeit. Mit Stille, Geduld und Einkehr. Zur inneren Vorbereitung auf Gottes Kommen.

Und die Bibel erzählt, dass Gott in einem Menschen zur Welt kommt. Jesus wächst als Baby im Bauch seiner Mutter Maria heran. Zuerst ganz versteckt und unscheinbar, aber immer deutlicher zu spüren.

Vielleicht habe ich deshalb auch Gott ganz deutlich gespürt in den vergangenen Wochen. Weil Gott auch in mir war und mich innerlich verändert hat. Als Christ glaube ich: Gott interessiert sich für mich und mein Leben. Er hilft mir, mich weiterzuentwickeln. Und auf diesem Weg beschenkt er mich.

Wie erleben Sie die Adventszeit dieses Jahr? Vielleicht kommen ja auch Sie sich selbst ein Stück näher. Oder anderen Menschen. Oder Gott. Ich wünsche es Ihnen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32279
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