Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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19DEZ2020
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Was ist eigentlich an Weihnachten so besonders? Manchmal kommt es mir so vor, als wäre Weihnachten das einzige Fest im Jahr. So ein Brimborium wird darum gemacht. Geschenke, Essen, Kirchgang, Familientreffen. Damit es schön ist und festlich. Es kann gut sein, dass das in diesem Jahr noch viel mehr Bedeutung bekommt. Ich verstehe gut, dass viele ältere und einsame Menschen sich nach Nähe und Trost sehnen: Etwas heile Welt. Ich kenne allerdings auch Leute, die sagen: „Wenn das bloß schon vorbei wäre!“ Weil ihnen die aufgeladene Stimmung zu viel wird. Weil die Menschen, die auf Besuch kommen, sie überfordern. Weil sie es nicht ertragen, dass an Weihnachten möglichst alles perfekt sein soll, während doch das Jahr über so viel schlecht läuft. Wie soll das auf einmal vorbei sein, wenn Partner sich streiten? Wieso soll es beim Familienbesuch glatt laufen, wenn die Kinder doch froh sind, endlich aus dem Haus zu sein? Man spricht von Gott, kramt die alte Geschichte von Betlehem hervor, und hofft auf das, was dort versprochen wird: Friede auf Erden bei den Menschen seiner Gnade[1].

Ich weiß, dass das viele überfordert. Bei mir zuhause, als ich Kind war, stand Weihnachten auch nicht immer unter einem guten Stern. Es war oft zu viel: zu viel Erwartung, zu viel Projektion, zu viel Stress. Und deshalb plädiere ich hier und jetzt nachdrücklich für Gelassenheit. In dieser letzten Woche, die noch bleibt bis zum Heiligabend. Als Nebeneffekt könnte dem sogar entgegenkommen, dass wir in diesem Jahr gar nicht so viel unternehmen können. Womit ich die Probleme nicht kleinreden will. Aber dass alles kleiner ausfällt als sonst, könnte auch ein Vorteil sein. Weniger Stress hilft zu mehr Gelassenheit.

Und was noch? Mir hilft am meisten eine grundlegende Einsicht. Wir feiern zwar Weihnachten an einem bestimmten Datum. Aber was dieses Fest im Kern ausmacht, spielt sich das ganze Jahr über ab. Gott wird Mensch. Er macht mir auf diese Weise Mut, meiner menschlichen Natur zu vertrauen. Ich bin gut, wie ich bin. Ich habe alles, was ich brauche, um ein guter Mensch zu sein. Ich kann an jedem Tag das Jahr über, was daraus machen. Friede auf Erden- darum geht es immer; nicht nur an den Weihnachtstagen. Und auch wenn ich nichts Großartiges plane und vorbereite für das Fest der Liebe. Die Liebe habe ich immer dabei. Und kann sie denen zeige, mit denen ich feiere.

 

[1]Lukas 2,14

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32208
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