SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

06DEZ2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

„Ein kleiner Gruß zum Nikolaus“ hat dieser Tage  die Kassiererin im Supermarkt zu mir gesagt  und mir einen goldenen Schokoladentaler in den Korb gelegt. So hat sie mich erinnert: Ach ja: in diesem Jahr ist ja am Zweiten Advent auch Nikolaustag. Ich finde, das passt gut zusammen.

Der echte Nikolaus war nämlich ein durch und durch adventlicher Mensch, d.h. er hat fest darauf vertraut, dass Gott kommt und den Menschen hilft, besonders den armen Menschen.

Nicht erst als Bischof von Myra, einer Hafenstadt im Westen der heutigen Türkei, soll er sich für sozial benachteilige Leute eingesetzt haben. Schon als junger Mann wollte er es wohl Jesus nachtun. Mit dem Geld, das er von seinen wohlhabenden Eltern geerbt hatte, hat er andere unterstützt.

Nikolaus erfuhr, so eine Geschichte, dass sein armer Nachbar nicht für die Aussteuer seiner drei Töchter aufkommen konnte. Er hätte sie in die Prostitution schicken müssen. Da hat Nikolaus einige Goldmünzen in ein Tuch gewickelt und sie seinem Nachbarn des Nachts heimlich, still und leise über die Mauer geworfen. Als der Nachbar ihn dann doch entdeckt hat, da war ihm das richtig unangenehm. Er wollte doch einfach nur helfen und nicht als Wohltäter dastehen. Das ist eine Legende, aber den wahren Kern darin, den finde ich sehr schön.

„Wenn du Gutes tust, sollst du das nicht vor dir her posaunen lassen.“ So hat Jesus das gesehen, so lese ich es in der Bibel.  Da hat Nikolaus wohl ganz auf der Linie von Jesus gelegen, als er seine Goldmünzen heimlich über die Mauer geworfen hat.

Und die Frau, die mir fast verstohlen an der Kirchentür einen Briefumschlag zusteckt, die liegt auch auf der Linie von Jesus: „Hier, nehmen Sie´s, Sie wissen schon, wo das Geld gebraucht wird.“ Ich weiß, dass es ganz viele solcher Wohltäter gibt, die diskret und bescheiden das tun, was ihr Herz ihnen sagt. Fast schon sprichwörtlich ist der folgende Rat von Jesus geworden: Die linke Hand soll nicht wissen, was die rechte tut.

Die linke Hand galt nämlich als Seite der Missgunst. Die rechte Seite dagegen als Seite der Fröhlichkeit und des Glücks. Wenn die linke Hand nicht wissen soll, was die rechte tut, dann heißt das also: Sei nicht berechnend und überlege, was es dir bringt, wenn du gibst. Liebe lässt sich nicht kalkulieren. Denk auch nicht zulange darüber nach, ob´s zu viel oder zu wenig ist. Wenn es dir leid tut, etwas herzugeben, dann lass es besser ganz bleiben. Erwarte auch kein Dankeschön und freu dich umso mehr, wenn eines kommt. „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb!“ Für mich ist das ein wunderbares Plädoyer für eine Großzügigkeit, die von Herzen kommt. Ich bin davon überzeugt, dass darauf Gottes Segen ruht.

Ich denke an die Menschen, die das ganze Jahr über einfach ganz selbstverständlich „ihre Pflicht tun“ und dabei doch so viel Gutes bewirken. Ich kann mir gut vorstellen, dass manche dieser stillen Helfer sich manchmal fragen, ob das etwas bringt und ihre Hilfe gut ankommt. Manche sind vielleicht auch enttäuscht und verunsichert und hätten gerne auch mal ein „Dankeschön“. Umso mehr hoffe ich, dass Gott das sehr genau sieht, was auch im Verborgenen geschieht. Jesus war jedenfalls davon überzeugt, dass Gott es auf seine Weise danken wird. Gott, „der auch das Verborgene sieht, wird’s dir vergelten“, hat Jesus versprochen, so hat es die Bibel festgehalten. Oder kurz ausgedrückt: „Vergelt´s Gott!“

Wie er das wohl macht, wie Gott das Menschen im Einsatz für andere spüren lässt, dass er an ihrer Seite steht? Ich wundere mich manchmal, mit welcher großen Tapferkeit Angehörige einen kranken Menschen aus ihrer Familie begleiten. Manche wissen selber nicht, woher sie die Kraft dafür nehmen. „Wenn ich das vor einem Jahre gewusst hätte, was alles auf uns zukommt, ich hätte gesagt: das geht gar nicht, das schaffen wir nie.“ Hat mir eine Frau gesagt, die ich nach der Familie gefragt habe. Ich denke an den Opa, der mit leuchtenden Augen von seinem Enkel erzählt, der jetzt seine Ausbildung fertig hat - und eine nette Freundin. „Und was war das früher für ein fauler Bursche, stundenlang habe ich mit dem an den Hausaufgaben gesessen und immer sind wir aneinandergeraten.“

Vergelt´s Gott! Das wünsche ich auch denen, die mir ihre Hilfe und Unterstützung haben zukommen lassen und ohne die ich nicht das wäre, was ich heute bin. An manche kann ich mich auch gar nicht mehr erinnern. Sie waren einfach da und haben mir nie das Gefühl vermittelt, dass sie mir überlegen sind und von oben auf das herabschauen, was ich alles noch nicht so gut kann wie sie. Und am Ende muss man dafür auch noch Danke sagen.

Nein, da spricht mich die Nikolaus-Mentalität viel mehr an: freigiebig, hilfsbereit, respektvoll, diskret – adventlich halt. „Macht hoch, die Tür, die Tor macht weit!“ - Gott kommt und mit ihm ganz viel Hilfe und Barmherzigkeit – auch in meine Welt.

Ich wünsche Ihnen heute einen gesegneten Zweiten Advent – und einen frohen Nikolaustag. Kommen Sie behütet durch die neue Woche!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32173
weiterlesen...