Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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26NOV2020
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„Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und hernach lange sitzt und esst euer Brot mit Sorgen; denn seinen Freunden gibt der Herr es im Schlaf“ (Psalm 127,2). Das ist ein Satz aus einem Psalm, einem Gebet, das in der Bibel steht. So hat Martin Luther die Erfahrung übersetzt, die viele auch heute kennen: Sorgen können einen um den Schlaf bringen. Zum Beispiel wenn man von frühmorgens bis spät abends schafft und doch nicht erreicht, was man sich vorgenommen hat. Im Gegenteil. Oft scheint einem die ganze Anstrengung total umsonst.

„Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf“: Man sagt das oft, halb im Scherz, wenn man rechtfertigen will, dass man schlicht ein bisschen faul gewesen ist. Oder um zu sagen: Obwohl du nicht viel dafür getan hast, ist die Sache jetzt Gott sei Dank doch gut geworden.

Aber so ist das nicht gemeint, denke ich. Der Ton in dem Psalmgebet liegt ja auf dem „Sorgen“. Und das kenne ich gut. Weil ich mir Sorgen mache, schlafe ich schlecht. Dann stehe ich also seufzend auf, mache mich sofort an die Arbeit, damit ich auch wirklich was schaffe. Und dann wird es nichts. Wahrscheinlich, weil ich zu müde war, zu verbissen am Bleistift gekaut habe oder im Internet recherchiert, statt einfach mal in Ruhe nachzudenken und auf einen guten Einfall zu warten.

Jesus hat genau davon einmal eine Geschichte erzählt. Er hat gesagt: „In der Welt Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und aufsteht, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – der Mensch weiß nicht wie.“(Mk 4, 26f) Also: Klar muss man säen, man muss auch gießen und jäten und hacken, weiß ich aus meinen Garten. Aber dass es wächst und gedeiht, dass kann man nicht erreichen, wenn man immer noch mehr gießt und hackt und jätet.

Was für das Gedeihen noch wichtiger ist, das richtige Wetter, Sonne und Regen, das kann ich nicht machen. Das kommt – und leider manchmal auch nicht – auch wenn ich mich ausruhe und schlafe. Als Christin sage ich mir: Das macht Gottes Segen, wenn das wächst und gedeiht, was ich tue.

Ehrlich gesagt: Das entlastet mich. Es geht manches nicht so, wie ich dachte. Es geht manches schief. Aber es liegt nicht bloß an mir. Schon gar nicht daran, ob ich immer noch mehr schaffe. Ich kann die Sachen nicht erzwingen. Mir tut es gut, wenn ich mir das manchmal sage. Gerade auch nachts, wenn ich nicht schlafen kann. Da bete ich manchmal. „Gott, gib du deinen Segen – und lass mich gut schlafen!“ Darüber schlafe ich dann wieder ein.

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