Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

24NOV2020
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Wenn man sein Herz ausschütten kann, das erleichtert. Es sammelt sich ja eine Menge an, was einem das Herz schwer macht, gerade in schwierigen Zeiten.

Viele können nicht darüber sprechen, was sie ärgert oder traurig macht. Sie wollen ja den anderen nicht auf den Wecker gehen mit ihren Problemen. Manchmal liegt das an der Erziehung: „Du bist doch schon groß. Du schaffst das alleine. Ich kann mich nicht auch noch darum kümmern“: Wer das als Kind öfter hört, der sagt irgendwann nichts mehr. So sammelt sich dann eine Menge an, wie in einem Rucksack, in den man immer mehr hineinpackt: Verletzungen und Kränkungen, Enttäuschungen, Misserfolge und Kummer. Irgendwann knickt man ein unter der Last, die einem das Leben schwer macht.

Wie gut, wenn man dann doch endlich einmal alles ausschütten kann. Auf einmal ist es raus. Obwohl: Erst einmal ist es ein ziemliches Durcheinander, was da zutage kommt, wenn man zu lange geschwiegen hat.

Wie das ist, erzählt die biblische Geschichte von Hanna. Sie war verheiratet aber kinderlos. Das war für Frauen in biblischer Zeit ein schweres Schicksal. Mutter werden war ja eigentlich ihre große Lebensaufgabe. Eine wie sie galt damals als Versagerin. Bestenfalls hatte man Mitleid mit einer kinderlosen Frau. Darüber sprechen konnte oder wollte Hanna anscheinend mit niemandem. Als sie es schließlich nicht mehr aushält, geht sie in den Tempel. Dort schüttet sie ihr Herz aus. Sie weint und klagt lange und anscheinend auch laut, so dass sie dem Priester auffällt. Der meint erst, sie sei betrunken und will sie nach Hause schicken. Aber als er sie anspricht, da bricht es aus ihr heraus. Sie redet und redet und weint und schüttet Eli, dem Priester, ihr Herz aus.

Der war ein kluger Mann. Er hört ihr geduldig zu. Er begreift, was ihr das Herz schwer macht. Und es gelingt ihm, sie zu trösten. „Geh heim“, sagt er ihr, „Gott wird dir helfen“.
Da geht Hanna heim – erleichtert und beschwingt. Eine Frau mit neuem Lebensmut. Sie hat wieder Freude am Leben und ihr Mann anscheinend auch. Bald danach wird Hanna schwanger.

Ich lerne aus dieser alten Geschichte: Es tut gut und ist heilsam, wenn man sein Herz ausschüttet. Und: Wenn einem ein anderer sein Herz ausschüttet, dann braucht man Geduld.

Nur so kann man herausfinden, was einem Menschen auf der Seele liegt. Manches lässt sich klären. Oft findet sich eine Lösung, manchmal Trost. Wenn man sein Herz ausschüttet, kann es weitergehen.

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