Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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28OKT2020
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Am 28. Oktober 312 hat der römische Kaiser Konstantin seinen Rivalen Maxentius in der Schlacht an der Milvischen Brücke bei Rom besiegt. 1700 Jahre ist das her. Von da an gab es auf seinen Befehl keine Christenverfolgung mehr im römischen Reich. 9 Jahre später hat er befohlen, dass der christliche Sonntag im ganzen Reich Feiertag sein sollte.

Kaiser Konstantin war kein Christ. Er ließ sich von seinen Untertanen gemäß der römischen Staatsreligion als Sonnengott verehren. Aber er führte seinen Sieg gegen Maxentius auf die Hilfe des Gottes der Christen zurück. Deshalb hat er die Christen nicht länger verfolgt und sich selber 25 Jahre später auf dem Totenbett taufen lassen. Nochmal gut 40 Jahre später wurde das Christentum Staatsreligion im römischen Reich.

Damit begann eine wechselvolle und schwierige Geschichte im Verhältnis von Kirche und Staat in Europa. Inzwischen gibt es in Deutschland Gottseidank Religionsfreiheit. In unserem Land ist jeder frei zu glauben oder nicht zu glauben, was er für richtig hält.

Aber natürlich: Diese Freiheit ist kein leerer Raum. Durch fast 2000 Jahre Geschichte ist die Freiheit gefüllt mit Werten und Traditionen, die aus dem Christentum erwachsen sind. Ich nenne mal die drei, die mir besonders wichtig sind: Das eine ist die Solidarität mit den Schwachen. Dass sich nicht jeder einfach nur nimmt, was er kriegen kann, sondern dass Eigentum verpflichtet, sich um die zu kümmern, denen es nicht so gut geht: Das ist eine ur-christliche Idee. Das zweite ist die Menschenwürde. Das alle Menschen von Gott gleich geschaffen sind, Schwarze und Weiße, Arme und Reiche, Männer und Frauen, Starke und Schwache: vor Gott gibt es keinen Unterschied. Diese Idee fängt da an, wo es im biblischen Schöpfungsbericht heißt: „Gott schuf die Menschen zu seinem Bilde“. Das haben die Christen von den Juden übernommen. Dass es in der Praxis nicht immer so gerecht zugeht und die Menschenwürde manchmal mit Füßen getreten wird – das ist ein anderes Kapitel. Aber sie gilt. Und das dritte: Das Engagement für die Bewahrung der Schöpfung. Auch das hat seinen Ursprung in dieser Schöpfungsgeschichte der Bibel: „die Erde bebauen und bewahren“ – das ist die Aufgabe der Menschen.

Solidarität, Menschenwürde, Bewahrung der Schöpfung – wie gut, dass diese Werte immer noch unter uns gelten. Manchmal denke ich: Wie gut, dass Konstantin damals an der Milvischen Brücke gewonnen hat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31927
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