Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Wir haben halt keine Vorbilder“ so fasst eine junge Frau das Gespräch zusammen. Es ging über Schwiegermütter. Alle Frauen am Tisch hatten da irgendwas zu berichten. Wie schwierig es ist, wie wenig Verständnis die Schwiegermutter hat, wie sie sich einmischt und es nicht mal merkt.
Aber als es drum ging, wie es anders sein könnte, da wusste plötzlich keine mehr was zu sagen. Nur: „Wir haben keine Vorbilder!“

Ich glaube, da ist wirklich was dran. So oft erzählen junge Frauen, dass sie mit ihren Schwiegermüttern nicht klar kommen. Und immer wieder höre ich auch die andere Seite: Schwiegermütter, die an ihren Schwiegertöchtern verzweifeln: „sie lässt mich gar nicht an sich ran“, sagen sie. „Dabei will ich ihr doch nur helfen.“

Die einen wollen helfen und unterstützen. Die anderen finden, das ist Einmischung in private Angelegenheiten und grenzen sich darum ab. Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Aber wie kann es anders sein?

In der Bibel gibt es eine Geschichte von einer Schwiegermutter und ihren beiden Schwiegertöchtern, die mich immer wieder beeindruckt.
Noomi, die Schwiegermutter, ist vor vielen Jahren mit ihrem Mann ins Ausland geflohen. Dort hat sie zwei Söhne geboren und groß gezogen. Die haben dann geheiratet: Rut und Orpa heißen ihre Frauen.
Eines Tages stirbt Noomis Mann und auch die beiden Söhne sterben kurz darauf.
Noomi beschließt nach Israel zurück zu kehren. Ihre Schwiegertöchter sollen lieber in ihrem Land bleiben, denkt sie. Das ist schließlich ihre Heimat.
Orpa denkt genauso und verabschiedet sich traurig von ihrer Schwiegermutter.
Rut dagegen will mit ihrer Schwiegermutter mitgehen. Und als die ihr das ausreden will, wird sie ärgerlich und sagt: „Bedräng mich nicht, dass ich dich verlassen soll. Ich will mit dir gehen, wo auch immer du hingehst.“ (Rut 1, 16)
Da hörte Noomi auf, sie zu bedrängen, heißt es dann.

Für mich ist das das entscheidende am Verhältnis der drei Frauen. Dass jede ihren Willen und ihre Meinung haben darf. Jede entscheidet so für sich, wie es gut ist. Und trotzdem fühlen sie sich verantwortlich füreinander.

Vielleicht kann das auch Schwiegermüttern und –töchtern heute helfen. Dass sie einander erst einmal so sein lassen, wie sie sind. Dass jede ihre Meinung haben darf. Auch wenn sie selbst manches anders machen würden. Und dann können sie immer noch entscheiden, ob sie einen gemeinsamen Weg gehen oder verschiedene Wege wählen. Von Noomi und ihren Schwiegertöchtern kann man lernen: beides ist in Ordnung.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3187
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