Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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24OKT2020
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Es war eine besondere Begegnung mit einem besonderen Mann. Er wohnt in meinem Ort und ist dort eine stadtbekannte Persönlichkeit. Weil er außerordentlich sozial engagiert ist, immer humorvoll und immer freundlich. Und diesen wunderbaren Mann traf ich eines samstags auf dem Markt und er lud mich spontan ein, mit in sein Haus zu kommen, wo er mir ein Buch schenken wolle. Ich ging gern mit und freute mich. Bat ihn um eine Widmung in diesem Buch und während er schrieb, entdeckte ich ein Bild an einer Wand. Ein gerahmter Sinnspruch, der mich sofort in seinen Bann gezogen hat. In altdeutscher Schrift stand da: 

„Spür den Quellen Deines Lebens nach. Lass den Staub der toten Dingen rasten. Schenke Feierstunden jedem Tag. Lass Dein Herz nach gutem Worte fasten. Such die Schönheit auch im armen Kleid. Hilf der Geduld ein neues Leben bauen. Lerne Lächeln über eigenes Leid, doch erlösend auf ein Fremdes schauen.“ 

Welch zeitlos schöne Worte, geschrieben irgendwann in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, von Klara Heimes, der besonderen Tante dieses besonderen Mannes.

Ich will ihren Worten ein wenig nachspüren, für den heutigen Tag, dem ich wie jedem Tag, ein paar Feierstunden schenkensoll. Also nicht nur Arbeit, Aufräumen und Putzen, sondern es zu feiern, zu würdigen, mich zu freuen, dass ich lebe. Und Menschen begegnen kann, die ich schätze, mag oder liebe.

Und so den Quellen meines Lebens nachspüren, dem, was mich wirklich leben lässt. Allem voran die Liebe, die mich erkennen lässt, was alles tote Dingesind: Staubige Materie, die ich lieber rasten, besser ruhen lasse. Die Liebe als Quelle, die mich geduldig, langmütig sein lässt, dafür, die Hoffnung nicht aufzugeben auf ein neues, besseres Leben. Und mir hilft, eigenes Leid vielleichtbesser zu ertragenund auf das eines anderen erlösend zu schauen. Mit wachem, warmem und hellem Blick. Der zu Herzen geht und die Schönheitselbst im hässlichsten Gesicht sieht. Und die Würde im ärmsten Kleide. Eine Liebe die mich immer wieder in die Stille führt, aus der die guten Worte kommen können. Worte die die Zeiten überdauern und zu guten Taten führen. Wie bei diesem besonderen Mann und seiner besonderen Tante.

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