Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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16OKT2020
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Es kommt so einiges zusammen an Wunden, im Lauf des Lebens. Habe ich in letzter Zeit öfter gedacht. Wenn ich mich sehe, andere und in die Welt. Und es sind ja nicht bloß Zipperlein. Das Leben kann tiefe Wunden schlagen. Und im Lauf des Lebens sammeln wir manche davon ein. Aber eigentlich ist das ne Binsenweisheit. Und entscheidend ist nicht, dass ich Wunden einsammle. Sondern was daraus wird. Wie lebt man mit diesen Wunden?

Manche sind ja vernarbt. Die ein oder andere trägt man sogar mit Stolz: „Da bin ich als Junge mit dem Fahrrad gegen eine Mauer gefahren beim Rennen, aber ich habe gewonnen.“ Vielleicht könnte man diese Gabe ja öfter anwenden. Auf manche Narbe stolz sein. Oder dankbar. Weil sie zu mir gehört. Ein Zeichen ist, dass ich gelebt habe und lebe. Dankbar, dass ich etwas durchstehen konnte. Überwinden.

Aber klar.
Da sind auch die anderen: Wunden, die man nicht einfach überwinden kann.

Die vernarbten, die aufbrechen und wieder weh tun, als wären sie ganz frisch. Und die neuen, die gibt es ja auch noch. Und manchmal verbinden sich die alten mit neuen. Da triggert ein Schmerz von heute diesen tiefen von früher, den ich schon lange mit mir herumtrage.

Wunden, die man im Leben sammelt, können einen bitter machen. Man fühlt sich vom Leben schlecht behandelt. Wird pessimistisch. Die Seele wird dunkler, man denkt, das Leben und die anderen wollen mir nichts Gutes. Wahrscheinlich sind viele Menschen, die grimmig und wütend sind auf das Leben und andere, auch Verletzte. Fühlen sich im Tiefsten auch von Gott verletzt.

Aber, in Gottes Namen hat Jesus versprochen: „Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will Euch erquicken.“

Was kann mir das sagen? Als erstes vielleicht, dass mir die Wunden des Lebens nicht Gott geschlagen hat. Sondern dass ich Gott zum Freund haben kann auch als verletzter Mann oder verletzte Frau. Ich kann mich an Gott wenden. Mit dem was mich verletzt und weh tut. Auf ihn setzen als Freund und auf Freundlichkeit überhaupt.

Es gibt Menschen, die sind verwundet und versehrt, aber darum schlagen sie anderen noch lange keine Wunden. Sie wissen, ich bin verletzbar und andere auch. Sie werden nicht hart oder bitter, sondern freundlich. Sie fühlen mit, wenn jemand verletzt wird und was weh tut. Und sie passen auf andere auf. Egal ob sie ihn persönlich kennen oder sie aus den Nachrichten. Es stimmt, die meisten von uns tragen Wunden mit sich, aber wir können auch Verletzte verbinden, verstehen, trösten. Erquicken.

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