Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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03OKT2020
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Manchmal gehört man mit Menschen zusammen, die sehen die Dinge ganz anders als man selbst.

In der Familie kann einem das passieren. Da gibt es zum Beispiel diesen einen entfernten Onkel, der hat eine ganz andere Weltsicht als man selbst und wählt garantiert nicht dieselbe Partei. Aber wenn die Großfamilie zusammenkommt, sitzt er eben auch mit am Tisch. Und das geht. Man kann sich persönlich mit ihm unterhalten und merkt: Der hat sich auch Gedanken gemacht über die Welt und das Leben. Nur kommt er eben zu ganz anderen Ergebnissen als ich.

Auch in Kirchengemeinden kommt es vor, dass die einzelnen Mitglieder sich uneinig sind. Das war schon so, als die christliche Kirche entstanden ist. Der Apostel Paulus hat in mehreren Briefen was dazu geschrieben. In einem hat er so formuliert: „Brüder und Schwestern, beim Namen unseres Herrn Jesus Christus bitte ich euch: Seid einig und lasst nicht zu, dass sich verschiedene Lager unter euch bilden! Haltet vielmehr zusammen in gleicher Überzeugung und gleicher Meinung.“ Für mich heißt das: Es macht einen Unterschied, ob ich zuerst auf das Trennende schaue – oder auf das verbindende Ganze. Christen haben Jesus Christus als gemeinsamen Gott, an dem orientieren sie sich. Deshalb gehören sie zusammen. Und wenn ich mir das klarmache, kann man über unterschiedliche Ansichten ins Gespräch kommen. Man muss sich nicht trennen.

Um Einheit geht es auch heute am 3. Oktober, am Tag der Deutschen Einheit. Seit 30 Jahren jetzt gehören Ostdeutsche und Westdeutsche wieder in einem Staat zusammen. Bei der Wiedervereinigung und auch danach ist sicher nicht alles richtig gemacht worden. Manche fühlen sich bis heute ausgegrenzt mit ihrer Weltsicht. In Deutschland streiten wir über den richtigen Weg. Nicht zuletzt im Zusammenhang der Corona-Epidemie. Aber vielleicht können wir ja heute mal unsere politische Einheit in den Mittelpunkt stellen. Und das feiern, was schon zusammengewachsen ist. Zum Beispiel ist die Abwanderung von Ost nach West inzwischen gestoppt, auch im Osten sind viele Städte umfassend saniert worden, überall macht rund ein Drittel der Schülerinnen und Schüler Abitur. Vieles war noch vor wenigen Jahrzehnten nicht denkbar.

Über Meinungen diskutieren können wir dann morgen wieder. Ich glaube: Mit dem Einheits-Feiertag heute und mit der Sicht auf das Gelungene wird das leichter.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31746
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