Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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18SEP2020
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Reicht es, wenn Menschen mit verschiedenem Glauben nebeneinanderher leben oder geht da noch mehr? In Heidelberg findet man: Da geht noch mehr. Dort haben im Sommer die 3. Jüdisch-muslimischen Kulturtage stattgefunden. „Wir wollen einander besser kennenlernen“, haben Menschen beider Religionen beschlossen. Miteinander reden, nicht nur übereinander. Also gab es Kulturveranstaltungen und Gesprächsrunden. Und vor allem: die Stromkästen. Die hatte eine muslimische Künstlerin mit Comics bemalt. Einer der Heidelberger Stromkästen hat es mir besonders angetan. „Ich möchte meine Religiosität nicht verstecken müssen“ hat sie dort in eine Sprechblase geschrieben. So weit erstmal nicht überraschend. Die muslimische Künstlerin hat aber einen Kalender dazu gemalt, auf dem das Septemberblatt aufgeschlagen war. „Jom Kippur“ hatte sie da eingetragen. Jom Kippur, das ist der wichtigste jüdische Feiertag. Der wird bei vielen Juden und Jüdinnen so hoch gehalten wie bei uns Weihnachten. Eine Muslimin malt einen Comic zu einem jüdischen Feiertag und kennt diesen Feiertag überhaupt. Das hat mich schon überrascht. Den eigenen muslimischen Fastenmonat Ramadan hat sie auf ein Kalenderblatt nebendran gemalt.

Ich möchte meinen Glauben nicht verstecken. Du brauchst deinen auch nicht zu verstecken. Ich möchte hören, was du glaubst. Ich möchte kennen lernen, wie du deinen Glauben lebst. Was betest du und warum? Wann feiert ihr was? Was glaubst du, was nach dem Tod kommt? Was ist für dich eine besonders wichtige Stelle in

Wer andere so fragt, muss auch bereit sein, sich selbst fragen zu lassen. Schon im Neuen Testament heißt es, an die Adresse der Christen gerichtet: „Seid jederzeit bereit zur Verantwortung vor jedem Menschen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.“ Zeigt euch! Das heißt nicht, dass ich alles über meinen christlichen Glauben wissen muss und mich in allem genau auskennen muss. Aber bereit sein, anderen Auskunft geben so gut ich kann, das schon. Vielleicht muss ich erst noch eine Weile nachdenken oder etwas in der Bibel nachlesen, wenn mich jemand fragt. Manches kann man ja auch einfach googeln. Dazu soll ich bereit sein.

Andere Menschen fragen, mich selbst fragen lassen. So kann ich beides besser kennenlernen. Meinen eigenen Glauben und den der anderen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31663
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